Mister Hamas: BND-Mann half bei Schalits Freilassung
Berlin (dpa) - Allein der Name. Gerhard mit Vornamen, aber dann: Konrad oder Conrad? Mal schreibt sich der deutsche Geheimdienstler, der an der Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit mitwirkte, mit K, mal mit C. Aber was soll's: Der Name ist mit Sicherheit ohnehin falsch.
Überhaupt umgibt den Mann vom Bundesnachrichtendienst (BND), der zwischen Israelis und Palästinensern vermittelte, eine Aura der Geheimniskrämerei. Bis heute existiert von ihm, der schon seit vielen Jahren im Nahen Osten aktiv ist, kein einziges Foto. Aber das gehört in dem Job wohl dazu.
Auch das Aussehen wechselt: Zur Zeit trägt Konrad (oder Conrad) Schnauzbart und Brille, das Haar grau meliert. Er ist um die 50, etwa 1,85 Meter groß, kräftige Statur, ebensolcher Händedruck. Bei offiziellen Terminen kleidet er sich mit Anzug und Krawatte. Eher der Typ Manager als Geheimdienst-Beamter. Er spricht perfekt Arabisch, Französisch und Englisch. Seine Frau arbeitet ebenfalls beim BND.
Vor seiner Geheimdienst-Zeit studierte er in Heidelberg Islamwissenschaften und machte auch seinen Doktor. Zu Beginn der BND-Jahre war er in den deutschen Botschaften in Beirut und Damaskus beschäftigt. Aus dieser Zeit stammen seine guten Kontakte zu den Palästinensern. Seit zehn Jahren arbeitet er in der BND-Zentrale, als „Mann für die besonders schwierigen Fälle“ („Süddeutsche Zeitung“).
Konrad (oder Conrad) war schon 2004 dabei, als zwischen Israel und libanesischer Hisbollah-Miliz ein Häftlingsaustausch ausgehandelt wurde. Bekannt wurde er vor zweieinhalb Jahren: 2008 wurden die Leichen zweier israelischer Soldaten gegen fünf in Israel inhaftierte Hisbollah-Männer sowie 200 tote Kämpfer ausgetauscht. Seither trug er den Namen „Mister Hisbollah“.
Gilad Schalit, der vor fünfeinhalb Jahren in den von der Hamas beherrschten Gazastreifen verschleppt wurde, war ein besonders schwieriger Fall. Offiziell wird von deutscher Seite mit der radikal-islamischen Palästinenserorganisation überhaupt nicht gesprochen. Konrad (oder Conrad) war deshalb seit Sommer 2009 mit „persönlichem Mandat“ unterwegs. Was ihn aber nicht daran hinderte, höchste deutsche Regierungsstellen regelmäßig zu informieren.
Profitieren konnte der Vermittler davon, dass der BND im Nahen Osten einen guten Ruf hat - was nicht überall so ist. Die Deutschen gelten als ehrliche Makler, die keine Seite übervorteilen. Nur einmal - im vorigen Sommer - kündigte ein Hamas-Sprecher die Zusammenarbeit auf, weil der Vermittler einseitig israelische Positionen übernommen habe. Der Hamas-Statthalter im Gazastreifen, Mahmud al-Sahar, entschied jedoch, ihn im Spiel zu lassen.
Mehrmals gab es Rückschläge - nicht nur, weil sowohl bei Israelis als auch bei Palästinensern intern gestritten wurde. Nach dem Sturz von Präsident Husni Mubarak mussten die Ägypter ihre Verhandler nahezu komplett austauschen, was die Gespräche praktisch zum Erliegen brachte. Auch beim BND wird aber betont, dass den Ägyptern immer noch der größte Verdienst an der Freilassung gebühre.
Trotzdem dankte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu jetzt ausdrücklich auch dem „deutschen Vermittler“ für seine Mitarbeit. Dessen Namen nannte auch Netanjahu selbstverständlich nicht. Aber seit dem neuesten Deal heißt der Deutsche in den entsprechenden Zirkeln jetzt auch „Mister Hamas“.