Empörung in Italien Nach Oettinger-Wirbel: EU-Kommission gelobt Zurückhaltung
Brüssel (dpa) - Nach der Empörung über eine Wahlempfehlung von EU-Kommissar Günther Oettinger an die Italiener hat die Brüsseler Behörde klargestellt, dass sie sich nicht in die Politik in Rom einmischen will.
„Das Schicksal der Italiener liegt in der Hand der Italiener“, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe in den vergangenen Tagen auch keinen direkten Kontakt zum italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella gehabt.
Oettinger hatte am Dienstag mit einer Äußerung Empörung in Italien ausgelöst und sich entschuldigen müssen. Der deutsche Kommissar hatte in einem Interview der Deutschen Welle auf die negative wirtschaftliche Entwicklung und die Turbulenzen auf den Finanzmärkten verwiesen und erklärt, er hoffe, „dass dies im Wahlkampf eine Rolle spielt, im Sinne eines Signals, Populisten von links und rechts nicht in die Regierungsverantwortung zu bringen“.
Der Korrespondent, der das Interview mit Oettinger geführt hatte, hatte dessen Aussage auf Twitter verkürzt wiedergegeben - was er später mit Bedauern und einer Entschuldigung zurückzog. Von den populistischen Parteien Lega und Fünf Sterne kam daraufhin der Vorwurf, Oettinger habe gedroht, Italien beleidigt und wie eine „Sommer-Kolonie“ behandelt.
Juncker hatte sich schon am Dienstag von Oettinger distanziert und betont, wie wichtig Italien als Gründerstaat für die Europäische Union sei. Sein Sprecher sagte am Mittwoch, Ausgangspunkt sei der Tweet des Journalisten gewesen. „Die Ursache der Verwirrung war ein falsches Zitat“, sagte er.
Die Chefredakteurin der Deutschen Welle, Ines Pohl, sagte dazu auf Anfrage, ihr Korrespondent habe mit dem Tweet einen Fehler gemacht, ihn aber umgehend korrigiert und sich entschuldigt. „In allen Kanälen der DW sind aus dem Interview mit Herrn Oettinger die Original-Zitate verwandt worden, die in der italienischen Politik für die entsprechenden Reaktionen gesorgt haben“, sagte Pohl. „Entscheidend ist für mich unsere Berichterstattung über das Interview selbst.“
Juncker war nach Veröffentlichung des gesamten Interviews auch inhaltlich auf Abstand zu Oettinger gegangen und hatte am Dienstagabend schriftlich erklärt: „Italiens Schicksal liegt nicht in den Händen der Finanzmärkte.“ Italien gebühre Respekt.
Oettinger selbst veröffentlichte wenig später eine schriftliche Entschuldigung und schrieb, er respektiere vollkommen den Willen der Wähler, ob sie links, rechts oder in der Mitte stünden. „Es war nicht meine Absicht, respektlos zu sein“, versicherte Oettinger am Dienstagabend.
Die Kommission wies Spekulationen zurück, dass der Kommissar dies unter Druck von Rücktritts- und Entlassungsforderungen tat. „Er hatte das Gefühl, er müsse seine Position klarstellen und sich entschuldigen, und das hat er getan“, hieß es aus der Behörde.
Grünen-Europachef Reinhard Bütikofer beharrte aber auch am Mittwoch auf der Forderung nach Oettingers Entlassung. „Kommissar Oettinger hat mit seinen zündlerischen Bemerkungen darüber, dass die italienischen Wähler sich von den Finanzmärkten belehren lassen sollten, die Flammen des Populismus weiter angefacht“, erklärte Bütikofer. Das sei beunruhigend und schade der Glaubwürdigkeit der EU-Kommission. „Deswegen fordern wir EU-Kommissionspräsident Juncker auf, Oettinger zu entlassen.“
Der Vizechef der Linken im Bundestag, Fabio die Masi, meinte: „Wer einen Wahlkampf in Italien verlieren möchte, braucht eine Empfehlung des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger.“