Nach Wahlen in Athen und Paris: Euro-Rettung vor neuen Hürden
Frankfurt/Main (dpa) - Nach den Wahlen in Frankreich und Griechenland sieht Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding die Euro-Rettung vor neuen Hürden.
„Es ist eine prekäre Situation, die vor allen Dingen erfordert, dass Deutschland und Frankreich möglichst rasch auf eine gemeinsame Linie kommen und den Märkten signalisieren, dass sie die Lage in Europa unter Kontrolle halten werden - und zwar egal, wie es in Griechenland ausgehen wird“, sagte Schmieding am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt.
Trotz der Misstöne im Vorfeld der französischen Präsidentschaftswahl rechnet Schmieding damit, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Sozialist François Hollande als neuer Präsident Frankreichs gut zusammenarbeiten werden. Anders als Deutschland plädiert Hollande für einen deutlich weniger harten Sparkurs in der Schuldenkrise. Im eigenen Land habe Hollande „nicht viel Spielraum, seine kostspieligen Wahlversprechen umzusetzen“, meint Schmieding. Auf europäischer Ebene seien die Sachzwänge zu groß für Alleingänge.
„Europa muss insgesamt nachjustieren: Es muss neben dem Sparkurs mehr Gewicht gelegt werden auf wachstumsfördernde Strukturreformen“, forderte der Ökonom. Arbeitsmärkte sollten flexibler, die Bürokratie entschlackt werden. Zudem sollten nach Ansicht Schmiedings Länder, die solche Reformen tatsächlich umsetzen, mehr Zeit bekommen, ihren Staatshaushalt zu sanieren.
In Griechenland indes habe Europa nun „ein großes Problem“: „Es ist derzeit völlig unklar, ob es in Griechenland in Kürze eine stabile Regierung geben wird. Das Risiko, dass Griechenland letztlich den Euro verlassen muss, ist eher noch gestiegen. Das Risiko liegt bei mindestens 40 Prozent“, sagte Schmieding.
„Für Europa kommt es jetzt vor allem darauf an, dass Frau Merkel, Präsident Hollande und die Europäische Zentralbank genügend tun, um Ansteckungsgefahren einzudämmen“, mahnte Schmieding. „Das heißt: Es müssen sowohl die europäischen Institutionen als auch die EZB signalisieren, dass sie notfalls eingreifen würden, um zu verhindern, dass aus griechischen Problemen ein großes spanisches, ein großes italienisches oder sogar ein großes französisches Problem an den Märkten werden könnte.“