Niederlage für Cameron bei Syrien-Votum im Unterhaus in London
London (dpa) — Der britische Premierminister David Cameron hat bei einer parlamentarischen Abstimmung über mögliche militärische Schritte gegen Syrien eine Niederlage hinnehmen müssen.
Mit 285 zu 272 Stimmen lehnte das Unterhaus im Prinzip militärische Schritte ab, die weitere Giftgaseinsätze des Regimes von Machthaber Baschar al-Assad verhindern helfen sollten. Auf Druck der Labour-Opposition und auch aus den eigenen Reihen hatte der Regierungschef die Abstimmungsvorlage zuvor deutlich abmildern müssen. Eine weitere Vorlage von Labour, die eine „Road Map„ für das weitere Vorgehen vorgab, wurde auch abgelehnt.
Am späten Donnerstagabend war im Unterhaus nach stundenlanger harter Debatte nur noch über eine abgeschwächte Vorlage abgestimmt worden, die die Teilnahme an einem möglichen Militärschlag nur noch „grundsätzlich“ erwähnte, vor allem aber einen internationalen Konsens anstrebte. Auch diese abgeschwächte Version trugen die Parlamentarier nicht mit. Bislang war eine zweite Abstimmung nach Vorliegen der Ergebnisse von Untersuchungen der UN-Waffeninspekteure in Syrien erwartet worden.
Labour hatte die abgeschwächte Abstimmungsvorlage erwirkt und „zwingende Beweise“ für die Anwendung von Chemiewaffen durch das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad verlangt.
Die Regierung Cameron hatte versucht, ihre Position mit der Veröffentlichung einer Rechtsgrundlage für ein militärisches Eingreifen in Syrien auch ohne Einstimmigkeit unter den ständigen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates zu stützen. Sie veröffentlichte die zunächst unter Verschluss gehaltene rechtliche Position. Demnach rechtfertigt London ähnlich wie die USA ein mögliches Eingreifen mit humanitären Gründen. Ebenfalls veröffentlichte Geheimdienstdokumente sollen belegen, dass das Assad-Regime „höchstwahrscheinlich“ Urheber von Giftgaseinsätzen in der vergangenen Woche nahe Damaskus war.
Cameron musste sich schließlich der Opposition beugen. Man müsse aus vorangegangenen Konflikten lernen und erst alle Möglichkeiten bei den Vereinten Nationen sowie auf diplomatischer Ebene ausschöpfen und die größtmögliche Legitimität für militärische Schritte sichern, sagte er auf der Sondersitzung des Unterhauses. Aber er machte auch klar: „Dies ist nicht der Irak. Es geht hier nicht um eine Invasion und die Suche nach chemischen Waffen.“ Der Einsatz von Chemiewaffen sei bereits erfolgt.
Cameron machte auch deutlich, Großbritannien strebe in Syrien mit einem möglichen Militärschlag keinen Regimewechsel an. „Es geht nicht darum, Partei zu ergreifen in diesem Konflikt, es geht nicht um einen Regimewechsel oder darum, enger mit der Opposition zusammenzuarbeiten, es geht nicht um eine Invasion. Es geht um den groß angelegten Einsatz von chemischen Waffen und um unsere Antwort auf ein Kriegsverbrechen - um sonst nichts“, sagte Cameron.
Die britische Öffentlichkeit lehnt einen Militäreinsatz in Syrien nach wie vor mehrheitlich ab. Fast zwei Drittel der Briten sind dagegen, dass britische Streitkräfte in Syrien eingreifen, ergab eine Umfrage des Instituts YouGov für die Zeitung „The Sun“. Unterdessen verlegte die britische Armee sechs Kampfflugzeuge vom Typ Typhoon auf die Luftwaffenbasis Akrotiri auf Zypern. Die Flugzeuge seien nicht Teil eines möglichen Syrien-Einsatzes, hieß es vom Verteidigungsministerium in London. Akrotiri liegt nur wenige hundert Kilometer Luftlinie von Syrien entfernt.