Nur kurzes Aufatmen: Neue Streikdrohung
Frankfurt/Main/Düsseldorf (dpa) - Aufatmen bei Urlaubern und Geschäftsreisenden: Nach der kurzfristigen Absage des Fluglotsen-Streiks hoben die meisten Maschinen am Donnerstag pünktlich ab, wie die deutschen Flughäfen mitteilten.
Aber Flugreisenden droht neues Ungemach.
Die Lotsen planen bereits für die kommende Woche einen neuen Anlauf für einen Streik. Die bundeseigene Deutsche Flugsicherung (DFS) reagierte prompt darauf: Falls erneut rechtswidrige Forderungen erhoben würden, werde man wie im ersten Anlauf dagegen juristisch vorgehen, sagte DFS-Sprecher Axel Raab in Langen bei Frankfurt.
Das Arbeitsgericht Frankfurt hatte den Fluglotsen-Streik am Mittwochabend in erster Instanz gestoppt, die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) blies daraufhin den Arbeitskampf gut neun Stunden vor dem geplanten Beginn ab. Zu einer Berufungsverhandlung kam es nicht mehr. DFS-Personalchef Jens Bergmann warf der Gewerkschaft vor, sie habe mit ihrer späten Absage bereits immensen wirtschaftlichen Schaden angerichtet.
Die Lufthansa kündigte bereits an, sie werde von den Fluglotsen möglicherweise Schadensersatz fordern. Allein durch die Androhung eines Streiks seien Flugreisende verunsichert worden und der Lufthansa Schaden entstanden. Die Höhe werde derzeit geprüft, sagte ein Sprecher der größten europäischen Airline in Frankfurt.
Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport winkte dagegen ab. Ihm sei durch die Streikdrohung der Fluglotsen kein Schaden entstanden. Die Absage des Arbeitskampfes durch die GdF sei gerade noch rechtzeitig eingetroffen, sagte Unternehmenssprecher Thomas Uber. „Der Verkehr läuft normal und reibungslos.“ Nach unserem Eindruck mussten die Airlines Plan B nicht aus der Tasche ziehen.“ Fraport werde daher auch keinen Schadensersatz von der GdF verlangen.
Am Donnerstag gab es an den Flughäfen Entwarnung: Es herrsche reger Flugbetrieb, sagte ein Fraport-Sprecher. „Die Passagiere sind guter Dinge und kommen zu ihren Zielen.“ Aus München hieß es: „Es läuft alles nach Plan.“. Lediglich einige Flüge seien vorverlegt worden. „Bei über tausend Starts und Landungen am Tag sind das aber nur minimale Veränderungen“, erklärte ein Flughafen-Sprecher. Aus Berlin, Stuttgart und vom Flughafen Hahn in Rheinland-Pfalz wurden keine Verzögerungen gemeldet.
Der DFS zufolge hatte es am Morgen im deutschen Luftraum trotz der Streikabsage einige Ausfälle und Verspätungen gegeben. Insgesamt sei der Verkehr aber weitgehend reibungslos geblieben, bestätigte auch die DFS. „Der Flugbetrieb ist ganz normal angelaufen“, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Airports. Die Fluggesellschaften hätten auch keine Flüge vorsorglich abgesagt. Wegen der ursprünglich von 06.00 bis 12.00 Uhr geplanten Arbeitsniederlegungen hatten sich die Airports zunächst auf Flugausfälle und veränderte Flugpläne eingestellt.
Nach ihrer Schlappe wollen die Fluglotsen nun zunächst das weitere Vorgehen beraten. GdF-Tarifvorstand Markus Siebers sagte der dpa, mit einem neuen Streiktermin in dieser Woche rechne er nicht. „Es wird wohl Anfang nächster Woche wieder so weit sein.“ Die Fluglotsen haben sich für ihren Arbeitskampf eine jeweilige Vorwarnzeit von 24 Stunden auferlegt. Sie fordern 6,5 Prozent mehr Geld und vor allem mehr Einfluss in der DFS Deutschen Flugsicherung GmbH.
Der Streit könnte erneut vor Gericht landen: Die GdF stelle sich auf weitere juristische Angriffe der Gegenseite ein. „Mit großen Gewerkschaften wie Verdi oder der IG Metall würde man so etwas nie machen. Aber wir halten das aus“, sagte Siebers. Neue Verhandlungen mit der DFS machten nur Sinn, wenn es ein neues Angebot der Gegenseite gebe.
Die DFS erneuere ihre Gesprächsangebot an die Gewerkschaft der Flugsicherung, wie Raab sagte. Es gebe allerdings kein neues Angebot. Eine weitere Möglichkeit sei der Gang in die Schlichtung, die mit ihrer Friedenspflicht einen Arbeitskampf zwingend nach hinten verschieben würde.
Es wird nicht nur über mehr Geld, sondern auch über Arbeitszeiten, freie Tage, Überstunden, Pausen und Personalpläne gestritten. Der Großteil der etwa 1900 DFS-Fluglotsen verdient nach Arbeitgeberangaben mehr als 100 000 Euro pro Jahr. Noch steht das Angebot in einer ersten Stufe von 1,1 Prozent plus. Ab dem 1. November sollten die Gehälter dann noch einmal um 2,1 Prozent steigen.
Erleichtert zeigte sich Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) über die Absage des Fluglotsenstreiks. Für einen solchen Ausstand mitten in der Urlaubszeit hätte „niemand Verständnis“ gehabt, sagte der CSU-Politiker im ARD-Morgenmagazin. Eine Wochenarbeitszeit von etwa 25 Stunden, ein Jahresurlaubsanspruch von 50 Tagen und ein Brutto-Jahresgehalt von rund 120 000 Euro - „das sind Arbeitsbedingungen, die können sich sehen lassen“. Ramsauer warnte zudem davor, sich an der Bezahlung der Lotsen in anderen europäischen Ländern wie Spanien ein Beispiel zu nehmen, die hier schon fast übertrieben.