Analyse: Es geht um die Zukunft der Flugsicherung
Frankfurt/Brüssel (dpa) - Der Weg zu einem einheitlichen europäischen Flug-Himmel ist zwar noch weit, doch die EU-Kommission hat sich auf den Weg gemacht. Zuletzt getrieben vom Zuständigkeitschaos nach der isländischen Aschewolke hat Brüssel den nationalen Flugsicherungen etliche Auflagen gemacht.
Die Zielsetzung bis 2014 ist klar: Mit möglichst wenigen Lufträumen soll das Fliegen über dem alten Kontinent sicherer, billiger und wegen eingesparter Umwege auch umweltfreundlicher werden. Aus ursprünglich 27 Lufträumen der EU-Staaten sollen zunächst neun Einheiten werden. Das Rennen um die besten Plätze hat also längst begonnen.
Eine wichtige EU-weite Neuerung sind gedeckelte Gebühren pro Flug oder Serviceleistung, während bislang die bundeseigene Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Vollkosten einfach auf die schwankende Zahl der Nutzer des Luftraums umlegte. „Künftig werden wir mit weniger Geld mehr Verkehr abwickeln müssen“, schildert DFS-Sprecher Axel Raab die zwangsläufige Folge. Die DFS habe bereits ein Sparprogramm in der Verwaltung aufgelegt und sei nicht bereit, die GmbH in die roten Zahlen laufen zu lassen.
Die Europäische Flugsicherheitsbehörde Eurocontrol räumt ein, dass die Ziele für 2014 anspruchsvoll seien. „Auch andere Länder haben damit Probleme, nicht nur Deutschland. Aber was wir bisher erreicht haben, ist einfach nicht genug“, sagte Eurocontrol-Geschäftsführer Joe Sultana der Nachrichtenagentur dpa. „Alle Staaten haben sich auf diese Ziele verständigt, auch Deutschland. Es gibt also keine Wahl mehr, die Entscheidung ist getroffen. Aber der Weg muss mit den Lotsen gegangen werden, nicht gegen sie.“
Der Gewerkschaft geht es um Besitzstandswahrung, was dort auch mehr oder weniger unumwunden zugegeben wird. Verschiedene Jobs sollen äußerst erfahrenen Lotsen vorbehalten bleiben, die Bezahlung mit den Dienstjahren automatisch steigen.
Das Unternehmen sieht darin Eingriffe, einen Rückschritt in Behördenzeiten und beklagt die Diskriminierung von jüngeren Kollegen und Seiteneinsteigern - und natürlich ungünstigere Kostenstrukturen. Die Gewerkschaft verweigere sich einfach der längst beschlossenen Deregulierung, schimpft DFS-Personalchef Jens Bergmann.
Zudem sind die hochbezahlten Luftraum-Experten in Langen und den drei anderen DFS-Kontrollzentren schon seit längerer Zeit knapp. Aufgrund von Fehlplanungen nach den Terroranschlägen von 11. September 2001 fehlen derzeit laut DFS rund 500 Lotsen, der Nachwuchs steckt noch in der Ausbildung, arbeitslose Lotsen gibt es nicht. Das Unternehmen will die Lücken mit mehr Überstunden der 1900 Bestandslotsen stopfen, was wiederum die Gewerkschaft ablehnt.
Die EU verlangt von den Luftraumkontrolleuren zusätzlich Qualitätsverbesserungen: So sollen die Abläufe pünktlicher und die Strecken direkter geführt werden. Bislang sind europäische Flieger in der Regel 50 Kilometer länger in der Luft als auf der kürzesten Strecke notwendig wäre. Mit besser geplanten Verbindungen könne nicht nur der Verbrauch verringert werden, sondern in der Folge auch der CO2-Ausstoß, heißt es bei Eurocontrol.
Wie genau jedes Land dieses Ziel erreiche, bleibe den jeweiligen Flugsicherheitsbehörden überlassen, sagte Eurocontrol-Geschäftsführer Sultana. „Ich kann nicht beurteilen, wer im aktuellen Streit recht hat. Ich weiß nur, dass wir nirgendwohin kommen, wenn sich Gewerkschaft und Unternehmen blockieren. Sie müssen zusammen einen Plan entwickeln, wie sie die Zielvorgaben umsetzen können.“ Er zweifele nicht daran, dass das Deutschland gelingen werde.