Obama will „Klarheit“ über Schritte zur Demokratie

Washington (dpa) - US-Präsident Barack Obama hat nach der Rede des ägyptischen Präsidenten Mubarak „Klarheit„ über eingeleitete und geplante Schritte zur Demokratie gefordert. Bisherige Maßnahmen nannte er unzureichend.

US-Fernsehkommentatoren sprachen von der bisher schärfsten Washingtoner Stellungnahme seit Beginn der Unruhen in Ägypten.

In einer schriftlichen Erklärung ging Obama zwar nicht direkt darauf ein, dass Mubarak entgegen allgemeinen Erwartungen nicht seinen Rücktritt erklärte, sondern sich auf eine Übertragung von Machtbefugnissen an seinen Vizepräsidenten Omar Suleiman beschränkte. Obama sagte jedoch, die ägyptische Regierung müsse einen „glaubwürdigen, konkreten und unmissverständlichen Pfad in Richtung einer echten Demokratie einschlagen, und sie habe diese Gelegenheit noch nicht beim Schopf ergriffen“.

Dem ägyptischen Volk sei eine „Übertragung der Macht“ versprochen worden, aber es sei bisher nicht klar, dass dieser Übergang „unverzüglich, bedeutungsvoll und ausreichend ist“, erklärte der Präsident weiter. „Zu viele Ägypter sind weiterhin nicht überzeugt davon, dass die Regierung es mit einem echten Übergang zur Demokratie ernst meint.“ Obama rief die ägyptische Führung auf, sich „schnell“ und „klar“ gegenüber dem eigenen Volk und der Welt zu äußern. Das sei ihre Verantwortung.

Obama bekräftigte, dass die Rechte des ägyptischen Volkes respektiert werden müssten und ein Übergang zur Demokratie unverzüglich „unumkehrbaren politischen Wandel zeigen muss“. Konkret rief der US-Präsident unter anderem zu einer Aufhebung des Ausnahmezustands und zu „bedeutenden Verhandlungen“ mit der Opposition auf. Zugleich appellierte er an alle Parteien, sich zurückzuhalten und nicht zur Gewalt zu greifen.

Obama hatte Mubaraks Rede auf dem Rückflug von einem Auftritt in Michigan an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One verfolgt und sich dann mit Top-Sicherheitsberatern getroffen. Wie es hieß, wurde das Weiße Haus von den Äußerungen Mubaraks kalt erwischt: Es habe - auch internationalen Medienberichten entsprechend - eine Rücktrittserklärung Mubaraks erwartet.

Der Chef des Geheimdienstes CIA, Leon Panetta, selbst hatte Stunden vor Mubaraks Rede unter Berufung auf ägyptische Führungskreise gesagt, dass ein solcher Schritt „wahrscheinlich“ sei. So wurde in den USA in der Nacht zum Freitag darüber gerätselt, ob es sich um eine bewusste Irreführung von ägyptischer Seite handelte.