Oktoberfest startet verregnet und entspannt
München (dpa) - Der Blick zum Himmel: Dieses Mal hat es der Herrgott nicht gut gemeint mit München. Zum Beginn des Oktoberfestes gießt es wie aus Eimern. Bunte Regenschirme, grauer Himmel.
Fahrgeschäfte fahren halb leer, und in vielen Bierzelten bekommen Besucher am Samstag auch nachmittags nach dem Anstich noch einen Platz - sonst waren die Zelte oft schon vor der offiziellen Eröffnung wegen Überfüllung geschlossen. So entspannt wie noch nie habe das Oktoberfest begonnen, sagen alle.
Es ist die sicherste Wiesn der Geschichte. Erstmals ist das Gelände vollständig umzäunt. Dutzende Ordner in gelben Warnwesten kontrollieren an sämtlichen Eingängen, schicken Besucher mit Gepäck zurück. Große Taschen und Rucksäcke sind verboten. An den neu eingerichteten Gepäckaufbewahrungen bilden sich gelegentlich Schlangen. Doch auch hier heißt es: „Alles im grünen Bereich. Wir haben noch Platz.“
Ein Besucher versucht, an der Theresienhöhe unter dem neuen Rollzaun durchzukriechen. Ordner sind sofort zu Stelle: Einlass nur über die kontrollierten Eingänge. Das neue Sicherheitskonzept hat seine erste Probe bestanden - allerdings bei wohl vor allem wetterbedingt mäßigem Besucherandrang. „Jetzt haben wir so lange einen so schönen Spätsommer gehabt - und ausgerechnet heute fängt es zu regnen an. Das ist ein bisschen schade“, sagt Wiesn-Chef Josef Schmid (CSU). Sein Hauptwunsch: „Schönes Wetter, am besten ab morgen.“
Immerhin hat im Schottenhamel-Zelt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) für einen perfekten Anstich gesorgt. Nur zwei Schläge brauchte er auf seiner dritten Wiesn zum Anzapfen des ersten Fasses, mit dem er unter dem Jubel der Gäste das Volksfest eröffnete. Reiter ist Rekordhalter: Sein Vorgänger Christian Ude - der erste, der es überhaupt mit zwei Schlägen schaffte - brauchte dafür viele Jahre. Die Zahl der Schläge ist eine wichtige Kennziffer für das Ansehen eines OBs in der Stadt.
„Auf eine friedliche Wiesn!“ Damit stieß Reiter mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf das Gelingen des Volksfestes an. „Auf eine friedliche Wiesn, wo alle gesund kommen und gesund wieder gehen. Das ist das, was wir wollen in München.“ Nach monatelanger Debatte um die Sicherheit wollen die Münchner und die Besucher aus ganz Deutschland und der Welt vor allem eines: unbeschwert ihr Volksfest feiern.
Dennoch ist zu spüren, dass die Welt anders geworden ist seit 2015. Vor dem Anstich weist BR-Moderator Christoph Deumling etwa extra auf die Böllerschüsse hin, die den Start des Volksfestes verkünden. „Das hat seine Richtigkeit.“ Nach allem, was war - nach dem Amoklauf in München und den Anschlägen weltweit - denken die Menschen schnell einmal an eine Explosion.
Bis zum Nachmittag melden die Sicherheitskräfte keine Zwischenfälle. Selbst die erste Alkoholvergiftung wurde erst um 15.10 Uhr registriert, Stunden später als üblich. Die Besucher nehmen die neuen Sicherheitsvorkehrungen gelassen hin. „Das ist richtig so. Das ist für die Sicherheit“, sagt Maxime Magnez aus dem französischen Lille, der bei der Gepäckabgabe ansteht. Sein Begleiter Thomas Coulon sagt: „Wenn wir Angst hätten, wären wir nicht gekommen.“
„Es ist schon komisch, wenn die Wiesn eingezäunt ist“, sagt Karsten Hoyer aus Düsseldorf. Die Kontrollen seien eher lasch gewesen - aber auch für ihn ist Angst kein Thema. „Da könnte man gleich ganz zu Hause bleiben.“ Wirte, Politiker, Prominente - alle haben dafür geworben: feiern, sich nicht einschüchtern lassen. Der Münchner Polizeipräsident Hubertus Andrä sagt: „Wenn wir unser Leben einschränken, spielen wir denen in die Hände, die versuchen, unser Leben zu beeinflussen.“