Paris am Tag danach: Eine Stadt trotzt dem Grauen

Paris (dpa) - Vor dem Eiffelturm gehen schwer bewaffnete Polizisten Streife. Die Männer, einige mit dunklen Gesichtsmasken, lassen ihre Blicke umherschweifen. Das Wahrzeichen von Paris bleibt an diesem Tag geschlossen, genauso wie alle anderen öffentlichen Einrichtungen in der französischen Hauptstadt.

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Dennoch sind viele Menschen zum Eiffelturm gekommen, machen Fotos per Selfie-Stick und lächeln aufgedreht in die Kameras. Andere schlendern an der berühmten Pariser Oper entlang oder flanieren an der Seine - als wäre nichts geschehen.

Der Tag nach den Terroranschlägen von Paris: In ganz Frankreich herrscht Ausnahmezustand. Und doch wirkt die Hauptstadt an diesem Tag vielerorts fast wie immer. Für ihn seien die Angriffe vom Freitagabend weit weg, sagt ein Mann am Jardin du Luxemburg und betont: „Paris ist groß.“ Gleichwohl ist die Stadt leerer als an gewöhnlichen Samstagen. Manch einem ist doch eine gewisse Anspannung anzumerken.

An einer Kreuzung am Boulevard Jules Ferry hat die Polizei eine Sperre aufgebaut. In der Nähe liegt die Konzerthalle „Bataclan“, in der Attentäter am Abend zuvor mindestens 80 Menschen getötet hatten. Am Mittag sammeln sich Schaulustige mit Kameras an den rot-weißen Absperrbändern. Polizei-Lastwagen mit Kranaufbau fahren vor, Beamte durchsuchen die Taschen von Passanten, die durch den gesperrten Bereich wollen. Die Menschen nehmen es ruhig hin.

Eine Ruhe, die trotz einer höchst angespannten Situation auch schon unter der Vielzahl der Zuschauer herrschte, die am Freitagabend das Fußball-Testspiel zwischen EM-Gastgeber Frankreich und Weltmeister Deutschland im Pariser Stadion verfolgten. Nur ein paar Gehminuten vom Stade de France waren zwei Bomben explodiert, eine Massenpanik unter den knapp 80 000 Zuschauern blieb aus.

Eine junge Frau, die gegen Mitternacht schnell noch ein Hotelzimmer ergattert hat, sagt: „Heute Nacht ist es für alle das Gleiche.“ Sie will bleiben, wo sie ist, nicht mehr raus in eine Stadt, in der vor der Benutzung der Metro gewarnt wird und die Menschen lieber drinnen bleiben sollen.

So nutzen auch nicht mehr viele die letzte Metro der Linie 13, die in der Nacht vom Stadion im Vorort Saint-Denis ins Zentrum führt. Es ist eine der wenigen Linien, die überhaupt noch in Betrieb ist. Die Massen haben das Stade de France da verlassen, nur einzelne Fans waren übriggeblieben. Der Portier des Hotels, in dem die junge Frau eingecheckt hat, sagt: Er finde, die Leute würden übertreiben. Er komme aus Afrika und kenne den Krieg. Auf diese Diskussion will sich aber kein Gast in der Lobby einlassen.

Als es hell wird und der Tag in Paris anbricht, ist es auch vor der Station Denfert-Rocherau ein ganz normaler Morgen - bis auf die fünf Mannschaftswagen der Polizei, die die Avenue hinunterfahren. „Alles sicher“, sagt die Frau am Schalter. Menschen laufen vom Zug zu den Metros. Denn die haben den Betrieb auch wieder aufgenommen.

Doch nicht nur Einheimische, auch Touristen stehen unter dem Eindruck der Geschehnisse. Ein Pärchen aus Bayern will vorzeitig abreisen. „Die Geschäfte, die Museen, alles hat zu, für uns ist der Aufenthalt nicht mehr lohnenswert“, sagt der Mann, der mit seiner Partnerin und gepackten Koffern auf der Aussichtsplattform des Trocadero steht. Abends könne man sich ja nicht mehr raustrauen.

„Keine Sorge. Alles sicher“, beteuert einer der Soldaten, die sich um den Jardin du Luxembourg herum postiert haben. Es ist der Park vor dem Senatsgebäude, und er bleibt den ganzen Tag geschlossen. Präsident François Hollande wertet die Anschlagsserie als „Kriegsakt“ und spricht von einem „Akt der absoluten Barbarei“.

Paris bäumt sich wieder auf gegen tödlichen Terror. Die Stadt, die erst zehn Monate zuvor Ziel einer Terrorserie war, die mit dem Angriff auf die Satirezeitung „Charlie Hebdo“ begann. 17 unschuldige Menschen wurden damals getötet. Diesmal ist es noch ungleich schlimmer: Nach Erkenntnissen bis Abend wurden bei den Anschlägen mindestens 129 Menschen getötet. Nichts ist letztlich, wie es einmal war.