Pau: „Es hat geklingelt von der Toilette bis zur Tiefgarage“
Berlin (dpa) - Vor der für die Koalition folgenreichen Bundestagsabstimmung hatten die Abgeordneten nach den Worten von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau genügend Zeit, um ins Plenum zu kommen. Bis zur Abstimmung am Freitag seien etwa 20 Minuten vergangen, sagte Pau der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Außerdem habe es die ganze Zeit einen Signalton gegeben. „Es hat geklingelt von der Toilette bis zur Tiefgarage“, sagte die Vizepräsidentin.
Pau berichtete, sie habe am Vormittag bei der Abstimmung über einen Antrag von SPD und Grünen zum Wettbewerbsrecht den sogenannten Hammelsprung angesetzt. „Danach habe ich 12 Minuten gewartet, bis ich die Abgeordneten das erste Mal aufgefordert habe, den Saal zu verlassen.“
Während der ganzen Zeit habe die Glocke geläutet, die die Abgeordneten auf Abstimmungen hinweist. Dann habe sie noch einmal mehrere Minuten bis zur Ankündigung gewartet, dass sie die Abstimmung in 3 Minuten schließen werde, sagte Pau.
Bei unklaren Mehrheitsverhältnissen im Parlament müssen die Stimmen im sogenannten Hammelsprung gezählt werden. Dabei verlassen die Abgeordneten nach Aufforderung durch den Präsidenten den Sitzungssaal und betreten ihn wieder durch drei verschiedene Türen. Diese sind mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ gekennzeichnet.
Als das Ergebnis feststand, wonach nur 211 Abgeordnete abgestimmt hatten, habe sie die Sitzung mangels Beschlussfähigkeit beendet: „Das schreibt die Geschäftsordnung des Bundestags vor.“ Es wäre zwar möglich gewesen, noch am Freitag eine Sitzung wieder einzuberufen. Eine Rücksprache mit den Parlamentarischen Geschäftsführern aller Fraktionen habe aber ergeben, dass auch später am Tag keine Beschlussfähigkeit mehr zu erwarten gewesen wäre.
Dafür muss mindestens die Hälfte der Abgeordneten - derzeit 310 Männer und Frauen - anwesend sein. Der ganze Vorgang sei mit Parlamentspräsident Norbert Lammert abgesprochen gewesen. Lammert gehört der CDU an, Pau der Linken.
Durch das vorzeitige Ende der Sitzung kam es nicht mehr zur ersten Lesung des Gesetzentwurfes zu dem von der Koalition geplanten und heftig umstrittenen Betreuungsgeld. Damit ist die von der Regierung erwartet Verabschiedung des Gesetzes in regulärer Sitzung noch vor der Sommerpause gescheitert.