Polizei nimmt Marzipan-Erpresser fest - psychisch krank?
Kiel (dpa) - Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei hat den mutmaßlichen Marzipan-Erpresser von Kiel in seiner Wohnung festgenommen. Dabei handele es sich um einen 38-Jährigen, sagte ein Sprecher des Landeskriminalamts.
Der Erpresser hatte am vergangenen Dienstag eine Schachtel vergiftete Marzipanherzen an einer Schule ausgelegt, am Freitag drei weitere Schulen in E-Mails bedroht und von der Handelskette Coop drei Millionen Euro in der digitalen Währung Bitcoins gefordert. Niemand kam zu Schaden. Die Polizei warnte am Montag aber weiterhin davor, gefundene Lebensmittel zu essen. Die Ermittlungen liefen noch. Möglicherweise seien nicht alle vergifteten Dinge gefunden worden.
Noch am Montag solle der Mann dem Haftrichter vorgeführt werden. Es sei noch offen, ob ein sogenannter Unterbringungsbefehl oder ein Haftbefehl beantragt werde, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Kiel, Oberstaatsanwalt Axel Bieler, der Deutschen Presse-Agentur. Ein Unterbringungsbefehl wird bei psychischen Erkrankungen beantragt. Es lägen entsprechende Hinweise vor, der medizinische Dienst sei eingeschaltet.
Nach dpa-Informationen soll es sich bei dem Festgenommenen um einen Kieler handeln, der vor einigen Jahren in China im Gefängnis saß.
Der mutmaßliche Erpresser soll ein Einzeltäter gewesen sein. Es gebe keine Anzeichen, dass weitere Täter beteiligt seien, sagte der Polizeisprecher. Über die Motive verlautete noch nichts. Bei dem Einsatz in der Innenstadt sei neben dem Festgenommenen eine zweite Person angetroffen worden, die aber mit dem Verbrechen nach bisherigem Ermittlungsstand nichts zu tun habe. Außerdem sei in Kiel eine zweite Wohnung, die dem mutmaßlichen Täter zugeordnet werde, durchsucht worden - allerdings ohne jemanden anzutreffen.
Tagelang hatte in Kiel bei Schülern und Eltern Verunsicherung geherrscht. Die am vergangenen Dienstag an der Kieler Reventlouschule gefundenen Marzipanherzen waren mit einem Wirkstoff versetzt, der gesundheitliche Beschwerden auslösen kann; schwere Folgen oder gar Lebensgefahr schlossen Experten aber aus. Am Freitag sperrte die Polizei nach erneuten Drohungen drei Schulen in Kiel. In einer stundenlangen Durchsuchung fanden Spürhunde und Munitionsexperten laut Ermittlern aber nichts Gefährliches.
Die Ermittler bemühten sich, über die Mail-Adresse des Erpressers an Informationen zu kommen. Er soll laut „Kieler Nachrichten“ seine Droh-Mails mit dem Absender „coopwillpay“ (Coop wird zahlen) verschickt haben. Coop bestätigte am Montag, dass der Erpresser drei Millionen Euro gefordert hatte.
Nach der Festnahme konnte der Unterricht an den Kieler Schulen am Montag wie geplant stattfinden. Die Stadt Kiel, Oberbürgermeister Ulf Kämpfer und Coop gratulierten der Polizei zum Fahndungserfolg und zeigten sich erleichtert. „Das war richtig gute Ermittlungsarbeit“, schrieb Kämpfer auf Facebook. Dem beängstigenden Spuk sei damit hoffentlich ein Ende bereitet worden. Coop zeigte sich in erster Linie erfreut, dass bei dieser „perfiden Tat, die gegen Kinder und damit die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft gerichtet war, niemand zu Schaden gekommen ist“.
Am späten Nachmittag will die Polizei auf einer Pressekonferenz weitere Angaben machen.