Polizisten an der Grenze: „Wir sind körperlich ausgelaugt“
Passau/Piding (dpa) - Kurz hinter der österreichischen Grenze schlängeln sich die Fahrzeugkolonnen auf den bayerischen Autobahnen 3 und 8 kilometerweit. Der Grund: Grenzkontrollen, um illegale Einwanderung zu verhindern.
Der Verkehr läuft nur über eine Spur. Mit Kennerblick winken Beamte Autos und auffällig viele Kleintransporter aus Kroatien, Slowenien, Rumänien oder Bulgarien heraus. Geduld ist bei allen Autofahrern, Berufspendlern und Spediteuren gefragt, die bis zu zwei Stunden warten müssen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Grenzkontrollen auf unbestimmte Zeit verlängern, mehrere EU-Staaten wollen dem Beispiel folgen. Sogar das Schengen-System steht auf der Kippe. Mit Blick auf die beginnenden Winterferien in sechs Bundesländern an diesem Wochenende ist ein Chaos in Sicht, wenn Zehntausende Winterurlauber auf dem Rückweg im Stau stehen.
Aber nicht nur die Autofahrer werden auf eine harte Probe gestellt: Jasmin Kleinert hat Sehnsucht nach ihren Pferden. Die 40-Jährige gehört zur Reiterstaffel der Bundespolizei in Berlin, wird aber seit Wiedereinführung der Grenzkontrollen im vergangenen Herbst immer wieder für bis zu acht Tage an die Autobahn 8 Salzburg-München geschickt. Zwölf Stunden am Stück dauert eine Schicht an der Kontrollstelle bei Piding im Berchtesgadener Land.
„Ich kann nicht einmal die schöne Umgebung kennenlernen“, sagt Kleinert. „Wenn ich abends ins Hotel komme, bin ich viel zu müde, um noch etwas zu unternehmen.“
Seit einigen Wochen schützt zwar ein Zeltdach die Beamten an der Anschlussstelle Bad Reichenhall vor Wind und Wetter, „aber wir kommen dennoch oft krank nach Hause“, berichtet die preisgekrönte Dressurreiterin über ihre Arbeit und die der Kollegen. „Wir sind körperlich ausgelaugt.“
Was bringen diese Kontrollen wirklich? Flüchtlinge, die illegal über die Autobahn einreisen, werden an den Kontrollpunkten nur noch selten aufgegriffen. Frank Koller, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Passau, nennt die Gründe: „Seit es die kontrollierte Busübergabe von Österreich nach Deutschland gibt, haben die Flüchtlinge keinen Grund mehr, Schleusern viel Geld für die Autobahnfahrt zu zahlen.“ Die Schleuserkriminalität sei seit Einführung der Grenzkontrollen nahezu komplett eingedämmt worden. „Als taktisches Mittel ist es wichtig, und die Abschreckung ist vorhanden“, betont Koller.
An der Kontrollstelle an der A3 auf dem Autobahnparkplatz Rottal-Ost sind dafür bis zu 14 Bundespolizisten im Einsatz, rund um die Uhr im Zwei-Schicht-Betrieb. Etwa drei Kleintransporter werden pro Stunde herausgewunken. Die Beamten lassen sich die Ausweise zeigen, in manchen Fällen gehen sie damit in einen Container, wo innerhalb kürzester Zeit eine Abfrage erfolgt. Erst wenn die Insassen oder das Fahrzeug nicht zur Fahndung ausgeschrieben sind, geht die Reise weiter. Auch Zollbeamte sind an der Kontrollstelle, sie haben einen geübten Blick für den Inhalt der Ladeflächen und Kofferräume.
Es erwischt auch einen Kleinbus aus Ungarn. Er war den Beamten aufgefallen, weil er getönte Scheiben hat. Drinnen sitzen zwei junge Männer und sechs Jugendliche. Sie sind Sportschützen aus dem ungarischen Jugend-Nationalteam und auf dem Weg zu einem internationalen Wettkampf nach München. Von Flüchtlingen keine Spur.
Doch im Kofferraum liegen etwa zehn verschlossene Waffenkoffer. Die Beamten lassen jeden Koffer öffnen und geben erst nach eindringlicher Überprüfung der Luftgewehre ihr „Ok“ für die Weiterfahrt. Gut eine halbe Stunde hat die Kontrolle gedauert, plus 30 Minuten Stauzeit. „Das ist schon in Ordnung. Die Kontrollen müssen gemacht werden, weil Ungarn seine Grenzen schließt“, sagt der 33 Jahre alte Fahrer.
Überhaupt sind die Kontrollierten nur selten genervt. Tibor fährt jede Woche mit seinem Transporter von Ungarn nach Deutschland. „Jedes Mal werde ich kontrolliert. Es ist aber notwendig, weil zu viele Flüchtlinge kommen.“ Ein Pärchen in einem Auto mit bulgarischem Kennzeichen muss auf der A8 warten, bis seine Papiere kontrolliert sind. „Kein Problem“, sagt die junge Frau aus Rumänien, „ist normal.“ Sie und ihr bulgarischer Mann wollen nach Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg. Sie kommen regelmäßig für Gelegenheitsjobs nach Deutschland.
Länger als eine Stunde sollen Autofahrer vor den Grenzkontrollen auch in der ohnehin schon stauintensiven Ferienzeit nicht warten müssen. „Wir stimmen uns mit der Autobahnmeisterei ab und öffnen ab einer Staulänge von vier Kilometern die zweite Spur“, erklärt Koller. So soll der Verkehr rascher durchfließen.