Porträt: Gertrud Steinbrück
Hannover (dpa) - Von diesem ganzen Zirkus, der manchmal um die Politik gemacht wird, hält Gertrud Steinbrück wenig. So viel nur: „Wer auch nur etwas graue Substanz unter seiner Schädeldecke hat, weiß, dass die Fotos der Politiker-Familie bei Chips und Cola vor dem Fernseher gestellt sind.“
Beim SPD-Parteitag an diesem Sonntag in Hannover saß die 63-Jährige aber trotzdem in der ersten Reihe. Gehört sich ja wohl auch, wenn der eigene Mann zum Kanzlerkandidaten gekürt wird. Als Dank dafür gab es von ihm einen Blumenstrauß.
Viele Bundesbürger nahmen die Frau von Peer Steinbrück bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal richtig wahr. Zwar war sie schon viele Jahre Ministergattin und eine Zeit lang auch Nordrhein-Westfalens „First Lady“. Aber damals schon gehörte sie nicht zu den Leuten, die unbedingt ins Scheinwerferlicht drängen. Bei der Wahl eines Politikers gebe es die Frau schließlich nicht als „Beigabe“ dazu, sagte sie. „Ich bin nicht die zweite oder dritte Abteilung meines Mannes.“
Geboren wurde Gertrud Steinbrück - damals Isbary - 1949. Den ersten Teil ihrer Kindheit verbrachte sie in der DDR. Dann ging die Familie in den Westen, erst nach Lüdenscheid, dann nach Bonn. Dort machte sie ihren Doktor in Biologie und ist auch heute noch zu Hause, als Lehrerin an einem Gymnasium in Bad Godesberg. Aber auch nach fast einem halben Jahrhundert am Rhein spricht sie hochdeutsch.
Von früheren Schülern wird die Frau mit der randlosen Brille als streng, aber fair geschildert. Ein ehemaliger Eltern-Vorsitzender lobt: „Sie ist kooperativ, unprätentiös und freundlich.“ Der Unterricht geht vor. Am Tag nachdem ihr Mann Ende September zum Kandidaten ausgerufen wurde, fuhr sie mit dem Leistungskurs Biologie nach Kroatien. Es wird ihr letzter Leistungskurs sein: Nächsten Sommer geht sie in Ruhestand.
Verheiratet sind die Steinbrücks seit 37 Jahren. Kennengelernt hatten sie sich 1973 auf einer Skihütte in der Eifel, als beide noch Studenten waren. Die drei Kinder - zwei Töchter, ein Sohn, auch sie in Hannover dabei - sind längst außer Haus. Zu den Dingen, die sie sich für die Zukunft vorgenommen hat, gehört unabhängig vom Ausgang der Wahl: häufiger nach Berlin kommen. Nicht mit dem Flugzeug, lieber mit der Bahn. „Wegen meiner grünen Seele“, wie sie der „Welt am Sonntag“ erzählte.
Bei der Gelegenheit verriet sie dann auch, dass sie viel davon hält, wie Angela Merkels Mann, Joachim Sauer, mit seiner Rolle umgeht. „Herr Sauer macht es gut“, lobte sie den praktisch Gleichaltrigen, der in der Wissenschaft geblieben ist. „Er hält sich zurück und sucht selten bis nie die öffentliche Bühne. Dafür habe ich großen Respekt.“