Porträt: Stephan Weils Griff nach der Macht
Hannover (dpa) - Stephan Weil ist ein Mann des Ausgleichs. Der bisherige Oberbürgermeister von Hannover wird die SPD nach zehn Jahren in der Opposition wieder an die Macht führen und damit möglicherweise auch die Basis für ein erfolgreiches Wahljahr im Bund legen.
Der 54-Jährige präsentiert sich gern als bürgernah, sachlich und pragmatisch. Er mag keine Aufgeregtheit - auch wenn er am Wahlabend konstatiert: „Wir sind heute wirklich durch eine Achterbahn der Gefühle gefahren.“ Doch bei allem Bangen und Zittern lächelt der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat in die TV-Kameras und zollt dem politischen Gegner seinen Respekt für einen fairen Wahlkampf.
Auch in den Wochen vor der Wahl hat Weil in seiner ruhigen Art bewusst vermieden, Porzellan zu zerschlagen. Bösartige persönliche Angriffe gab es bei ihm nicht. Sachlich-nüchtern hatte der in Hamburg geborene Jurist vielmehr seinen Wahlkampf durchgezogen - ganz so, wie es seinem Naturell entspricht. Leidenschaftlich wird er nur beim Fußball.
Dem erfahrenen Verwaltungsexperten und Rathaus-Chef fehlt das oft als machohaft beschriebene Auftreten seines Vorbilds und Förderers Gerhard Schröder - es liegt ihm nicht. Der Altkanzler, der Weil schon eine bundespolitische Karriere voraussagte, bescheinigt dem einstigen Stadtkämmerer hohe Sachkompetenz. Schröders Frau, Doris Schröder-Köpf, sorgte als SPD-Kandidatin da für Medienglanz, wo Weil als angenehmer und sympathischer, aber weitgehend unbekannter Politiker daherkam.
Zwar genoss der feingeistig wirkende Weil in der Landeshauptstadt einen guten Ruf, doch außerhalb der Stadtgrenzen galt es ihn erst noch aufzubauen. Dank eines aus Berlin angereisten Medientrainers hat er im Wahlkampf schnell gelernt, vor den Kameras weniger verkrampft aufzutreten als früher - auch wenn seine demonstrative Fröhlichkeit oft noch ein wenig aufgesetzt wirkte. Der mit einer Akademikerin verheiratete Vater eines Sohnes hatte vor dem Wechsel ins Rathaus als Anwalt, Richter, Staatsanwalt und im Justizministerium gearbeitet.
Auch das spannende Wahl-Finale am Sonntagabend nahm Weil mit der ihm eigenen Art gelassen. Die niedersächsische SPD werde den Auftrag der Wähler „so wie er am Ende feststeht“ respektieren, sagt der in Hamburg geborene Jurist, und knipst sein Dauerlächeln an. „Und wenn die Wähler meinen, wir sollten in der Opposition für das Land arbeiten, dann werden wir das auch sehr gerne tun.“