Porträts der Spitzenkandidaten

Düsseldorf (dpa) - Nordrhein-Westfalen ist im Endspurt zur Landtagswahl am 13. Mai. Für SPD, CDU, Grüne und FDP gehen namhafte Spitzenkandidaten ins Rennen. Die Nummer eins der Linkspartei ist dagegen weniger bekannt.

Der oberste Pirat hatte nur wenig Zeit, sich dem Wahlvolk vorzustellen.

NRW-Ministerpräsidentin HANNELORE KRAFT geht für die SPD ins Rennen. Fast zwei Jahre lang regierte sie mit den Grünen in einer Minderheitsregierung. In der Bundes-SPD hat die 50-Jährige großen Einfluss als Vizechefin und Präsidiumsmitglied. Ihr Herz hängt ganz an NRW, sagt sie und steht nicht als Kanzlerkandidatin für 2013 zur Verfügung. Kraft ist bodenständig, liebt deutliche Worte und „klare Kante“. Die Unternehmensberaterin kommt aus der Ruhrgebietsstadt Mülheim, aus einfachen Verhältnissen. 2005 wurde Kraft erst Fraktionschefin, 2007 dann auch NRW-Parteivorsitzende. Sie kämpft um eine absolute Mehrheit für Rot-Grün und eine vorsorgende Politik.

Bundesumweltminister NORBERT RÖTTGEN will CDU-Ministerpräsident in NRW werden. Seit Ende 2010 ist er Landeschef der CDU und Bundesvize. Dem 46-Jährigen sagen viele Ambitionen auf das Bundeskanzleramt nach. Der Jurist aus Bonn gehört der CDU seit 1982 an, sitzt für die Christdemokraten seit 1994 im Bundestag und war rechtspolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer. Seit 2009 ist er Umweltminister und hat den Atomausstieg vorangetrieben. Immer wieder muss sich Röttgen vorhalten lassen, dass er sich nicht auf Berlin oder Düsseldorf festlegen will. Er schweigt darüber, ob er auch als Oppositionsführer im NRW-Landtag bereitstehen würde.

Schulministerin SYLVIA LÖHRMANN macht für die Grünen Tempo. Sie hatte 2010 auf die rot-grüne NRW-Minderheitsregierung gedrängt und war stellvertretende Ministerpräsidentin geworden. Die 55-jährige Lehrerin ist eher zufällig in der Berufspolitik gelandet. Sie kam als Lehrkraft ins bergische Solingen, engagierte sich dort auch in der Kommunalpolitik und rückte 1995 ins NRW-Parlament nach. 1998 wurde Löhrmann Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion. Nach der Landtagswahl 2000 wurde sie zur Fraktionschefin gewählt, 2005 bestätigt. Im rot-grünen Kabinett hatte sie eine starke Position, die Einführung der neuartigen Sekundarschulen ist ihr größter Erfolg.

Für die FDP tritt CHRISTIAN LINDNER an, Hoffnungsträger für die angeschlagenen Liberalen, die erstmals seit einem Jahr gerade einen Erfolg verbuchten, in Schleswig-Holstein. Der 33-Jährige ist seit 1. April Spitzenkandidat und seit vergangenem Sonntag Chef der NRW-FDP. Bei beiden Wahlen erzielte er Traumergebnisse. Lindner war als Generalsekretär der Bundes-FDP im Dezember 2011 zurückgetreten. Nun will er Fraktionschef in NRW werden. Den Bundestagsabgeordneten aus dem bergischen Wermelskirchen sehen - und wünschen - nicht wenige als künftigen Bundesparteichef. Die Landes-FDP hat seit Lindners Comeback in Umfragen klar zugelegt und wird derzeit bei sechs Prozent gesehen.

KATHARINA SCHWABEDISSEN geht für die Linkspartei als Nummer eins ins Rennen. Die Parteichefin und gelernte Krankenschwester ist über die Landesgrenzen hinaus nicht bekanntgeworden. Die Feministin gehört dem linken Flügel der Linken an. Die Pfarrerstochter macht sich auch für innenpolitische Themen stark, fordert eine Millionärssteuer. Sie will Fraktionschefin im NRW-Landtag werden, falls die Linke über die Fünf-Prozent-Hürde kommt, was laut Umfragen schwierig werden dürfte. Die Friedensaktivistin und Atomkraftgegnerin war vor der Gründung der Linkspartei Vorstandsmitglied im Landesverband der Partei WASG, in die sie 2005 eingetreten war.

Pirat JOACHIM PAUL ist ein politisch eher unbeschriebenes Blatt und Biophysiker aus Neuss. Der 54-Jährige ist wissenschaftlicher Referent im öffentlichen Dienst, stellt Online-Medien für Schulen bereit, schult Lehrer. Der Medienpädagoge war vor zwei Jahren von seinem Sohn für die Piraten angeworben worden, ist politisch unerfahren und hatte mit seiner Wahl zum Spitzenkandidaten für eine Überraschung gesorgt. Paul hält Politik nicht für einen Beruf, sondern für eine Tätigkeit, die jedem Bürger gut anstehe. Er fordert mehr Chancengerechtigkeit und bessere Bildungsmöglichkeiten. Die Piratenpartei solle in der NRW-Opposition lernen, meint er.