Pro Asyl: Aufnahme von 5000 Syrern reicht nicht

Berlin/Hannover (dpa) - In Sondermaschinen holt Deutschland jetzt 5000 syrische Flüchtlinge aus der Krisenregion nach Deutschland. Kein Vergleich mit der Zahl von Menschen, die etwa während des Bosnien-Krieges kamen.

Sollte das deutsche Engagement massiv ausgeweitet werden?

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hält die Zahl der aufgenommenen Flüchtlingen für völlig unzureichend. „5000 - das ist gemessen an der Katastrophe in Syrien wenig mehr als eine Geste“, sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Nachrichtenagentur dpa. „Wenn man die Region entlasten will, muss Deutschland in Europa mit einer viel größeren Zahl vorangehen.“ Im Kosovo-Krieg etwa habe Deutschland 15 000 bis 20 000 Flüchtlinge aufgenommen, in der Bosnien-Krise sogar 300 000.

Auch Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin verlangte von der Bundesregierung, deutlich mehr Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen. „Als erstes sollte Deutschland allen hier lebenden Syrern erlauben, ihre Verwandten nach Deutschland zu holen. Damit könnten schon einmal 50 000 kommen“, sagte Trittin der „Rheinischen Post“. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein: „Als größtes Land in der Europäischen Union sind wir verpflichtet, die meisten Flüchtlinge aufzunehmen.“

Die Bundesregierung hatte sich im Frühjahr bereiterklärt, 5000 Flüchtlinge in einem Sonderprogramm nach Deutschland zu holen. Am Mittwochnachmittag landen in Hannover die ersten von ihnen, die der Bund per Charterflug holt. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) wird die rund 110 Menschen gemeinsam mit seinem niedersächsischen Amtskollegen Boris Pistorius (SPD) begrüßen. Burkhardt sagte, dies sei ein „bemerkenswertes Signal“ von Friedrich und Pistorius. Aber weitere politische Schritte müssten folgen.

Pistorius, der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, will die Aufnahme weiterer Flüchtlinge beschleunigen. Er sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“: „Sollte die Aufnahme weiterer Flüchtlinge zu lange dauern, müssen die Aufnahmekriterien und das Verfahren schnellstens überprüft werden. Wir müssen im Auge behalten, dass keiner der Schutzsuchenden durch bürokratische Hindernisse ausgeschlossen wird.“

Pistorius warnte vor einer zu starren Quote. „Ein Festlegen auf Zahlen oder Quoten wäre jetzt das falsche Signal.“ Angesichts von mehr als zwei Millionen Menschen auf der Flucht gehe es um die größte humanitäre Katastrophe des jungen 21. Jahrhunderts. „Wir können und werden Verantwortung übernehmen und hoffen, dass diesem Beispiel auch andere Länder in Europa folgen, denn die Flüchtlinge dürfen bei uns nicht vor verschlossenen Türen stehen.“

Die Bundesländer haben die Möglichkeit, über das deutsche Gesamtkontingent von 5000 Menschen hinaus weitere Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Dazu hätten sich bislang zwar viele Länder bereiterklärt - darunter Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wie Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt sagte. In manchen Ländern wie Bayern gelte das Angebot aber nur für Einzelfälle. In anderen Ländern müssten sich bereits in Deutschland lebende Angehörige verpflichten, für den Unterhalt ihrer Verwandten aus Syrien aufzukommen. Dies sei eine große Hürde. „Es darf nicht nur einen Familiennachzug für Reiche geben“, mahnte er. Bund und Länder müssten deutlich mehr tun.