Regierung räumt Euro-Streit über EFSF-Regeln ein
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung hat kurz vor dem Krisengipfel Differenzen der Euro-Staaten über die künftige Nutzung des Rettungsschirms EFSF eingeräumt. Strittig sei unter anderem das Modell, wie die Schlagkraft des Fonds gestärkt werden solle.
Das geht aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Schreiben des Finanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages vom Donnerstag hervor.
In dem Brief heißt es: „Ob und in welcher Ausgestaltung die Möglichkeit der Effizienzsteigerung tatsächlich in die Leitlinien aufgenommen wird, ist deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch offen.“
Damit könnte es passieren, dass das brisante Thema „Hebel“ unter Umständen ohne Einigung beim Gipfel ausgeklammert werden könnte. Dies galt in Verhandlungskreisen zuletzt jedoch als eher unwahrscheinlich.
Bei der weiter strittigen Frage einer höheren Schlagkraft des EFSF geht es im Kern darum, mehr Anreize für den Kauf von Staatsanleihen von Euro-Ländern zu schaffen. Das Ausleihvolumen des EFSF selbst von 440 Milliarden Euro sowie das Garantievolumen der Euro-Länder von 780 Milliarden Euro soll aber nicht weiter erhöht werden.
Berlin favorisiert bisher eine Versicherungs- beziehungsweise eine Art Teilkasko-Lösung. Danach würde der EFSF-Fonds nur einen Teil der Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder und nicht 100 Prozent absichern. Auf diese Weise könnten Finanzhilfen vervielfacht werden.
Paris strebt dagegen dem Vernehmen nach weiter eine Banklizenz für den EFSF an sowie eine „Hebelwirkung“ und höhere Finanzierungshilfen über die Europäische Zentralbank (EZB). Dies lehnt Deutschland strikt ab. Auch ein Minigipfel von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Kanzlerin Angela Merkel und den EU-Spitzen in Frankfurt am Mittwochabend brachte noch keinen Durchbruch.
Außerdem heißt es in dem Schreiben, es gebe noch Abstimmungsbedarf beim geplanten Ankauf von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder - sowohl von Regierungen als auch von Investoren (Primär- und Sekundärmarkt): „Die Frage der angemessenen Konditionalität ist ebenfalls streitig diskutiert worden“, heißt es. Viele Euro-Länder setzten sich für eine möglichst weitgehende Flexibilität beim Einsatz der Instrumente ein - auch unabhängig von einem konkreten Hilfsantrag eines Landes.
Die Koalitionsfraktionen von Union und FDP wollten erst zu Sondersitzungen zusammenkommen, wenn die Leitlinien zur Ausgestaltung des EFSF vollständig vorliegen. Mit den Leitlinien soll die konkrete Nutzung der neuen Instrumente des gerade erst erweiterten Rettungsschirms EFSF geregelt werden.
Den Leitlinien muss der Haushaltsausschuss des Bundestages zustimmen, bevor es eine Einigung auf europäischer Ebene gibt. Die Finanzminister der Euro-Länder kommen aber bereits an diesem Freitag zu Beratungen über die Leitlinien in Brüssel zusammen - kurz vor dem EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs. In dem Ministeriumsschreiben heißt es: „Vor diesem Hintergrund bitte ich um Zustimmung des Haushaltsausschusses, dass die Bundesregierung auf der Basis der vorgelegten Entwürfe die Verhandlungen abschließen kann.“
Bei den Leitlinien geht es nicht nur um eine höhere EFSF-Schlagkraft und den Kauf von Staatsanleihen durch den Fonds. Er soll künftig auch vorsorglich Kreditlinien bereitstellen für Euro-Länder sowie Darlehen an Länder, damit diese angeschlagene Finanzinstitute stützen können: „In der bisherigen europäischen Abstimmung ist die Ausgestaltung der Instrumente "Darlehen zur Bankenrekapitalisierung" und "Vorsorgliche Maßnahmen" unstrittig.“