Report: Hochzeitsfieber oder Hochzeitsfieberwahn?

Berlin (dpa) - Endlich ist er da, der große Tag: Prinz William heiratet seine Kate Middleton. Die Medien überbieten sich seit Wochen mit Hintergrundberichten, Features, Analysen und Meldungen.

Doch für nicht wenige Menschen könnte der schönste Tag im Leben der beiden Briten ruhig schon vorbei sein - sie sind schlicht genervt vom Hype um die Hochzeit. „Gibt es hier eigentlich jemanden, den es interessiert, dass ein Enkelsohn mit großen Zähnen eine schmallippige Schrippe heiratet“, fragte am Donnerstagmorgen beispielsweise die Autorin Renée Zucker in ihrer täglichen Radiokolumne im Inforadio vom RBB.

Tatsächlich ist die Hochzeit trotz großer Fotostrecken und Vorab-Fernsehreportagen nicht wirklich überall Stadtgespräch. In vielen U-Bahnen oder beim Bäcker dominieren eher die erwartete Meisterschaft von Borussia Dortmund oder Schalkes Champions-League-Niederlage die Gespräche, zuweilen auch die Situation in der arabischen Welt oder der Atomausstieg.

Doch gibt es auch etliche Menschen in fast jedermanns Bekannten- und Freundeskreis, die sich den Hochzeitstermin zum Beispiel im Kalender angekreuzt haben und stundenlang live dabei sein wollen via ARD/ZDF/RTL/Sat.1/n-tv/N24.

Denn wie sagt Medienexpertin Joan Bleicher von der Universität Hamburg: „Was glauben Sie, wie viele sich da Urlaub nehmen oder auf der Arbeit heimlich gucken oder auf dem Handy. Ich denke, das ist so ein Prestigeobjekt.“

Dass die Medien das Ganze pushen, sei normal. „Es ist natürlich ein Medienereignis und wird auch als solches inszeniert. Wir hatten das ja schon 1953 zur Krönung von Elizabeth II. (...) Und Königshäuser-Events zählen einfach zu den kollektiv wichtigen Medienereignissen mit hoher Einschaltquote. Man kann live dabei sein bei einem großen Event, das natürlich viel Optik bietet und viel Emotionen. Und das sorgt dann global für hohe Einschaltquoten“, sagte Bleicher.

Also Hype hin und Nerv her - mit der Hochzeit ist es vermutlich wie mit der Fußball-WM: Wenn etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland das Halbfinale 2010 zwischen Deutschland und Spanien gesehen hat, dann hat auch die andere Hälfte nicht zugeschaut. Und trotzdem war es ein Mega-Ereignis.