Report: Hochzeitsfieberkurve zeigt Süd-Nord-Gefälle

London (dpa) - Mögen haben sie sich noch nie mögen. Als 1746 der „hübsche Prinz Charlie“ mit seinen Jakobiner-Horden bei Inverness gegen die englischen Regierungstruppen unterlag, war es endgültig geschehen um die schottische Herrlichkeit.

Kein eigenes Königreich mehr, Unterordnung ist bis heute angesagt unter die englische Krone. Jetzt zahlen es die Schotten den Engländern heim: Kein einziges Straßenfest haben sie in Glasgow, der größten Stadt auf schottischem Territorium, zur Feier der Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton angemeldet.

Damit boykottieren die Schotten eine royale Institution. Und das liegt nicht an der sprichwörtlichen Sparsamkeit der Nord-Briten, die so gerne unabhängig wären.

Die Local Government Association fand heraus: Die Kurve des britischen Hochzeitsfiebers zeigt ein eindeutiges Süd-Nord-Gefälle. Während um den Buckingham Palast und Westminister Abbey ein Treiben herrscht, für dessen Beschreibung Besucher den Vergleich mit Disney-Land finden, lässt die Hochzeit viele Menschen in den Industriestädten des Nordens kalt.

Hochzeitsfieber in Leeds, Manchester, Liverpool oder Newcastle? Fehlanzeige. „Wir haben zu tun“, heißt es dort. Im nordirischen Belfast gibt es nicht einmal eine öffentliche Videoübertragung.

Doch so weit nach Norden muss man gar nicht fahren, um Monarchie-freie Zonen im Königreich zu finden: Gastwirt Ralf Edge steht hinter dem Tresen seines Pubs „Alexandra Hotel“ im mittelenglischen Derby. Wer dort das Wort „Wedding“ (Hochzeit) ausspricht oder „royal“ (königlich) in den Mund nimmt, muss ein Pfund-Stück in ein Phrasenschwein werfen. „Wir haben unser Gasthaus zu einem sicheren Hafen für unsere Kunden gemacht, so dass sie hier sein können, ohne davon zu hören, es sehen oder zu sprechen“, sagt Wirtsfrau Anna Dyson (33).

Und sogar die Hauptstadt selbst ist von Anti-Monarchisten unterwandert. Graham Smith mit seiner Organisation Republic hat gegen den erbitterten Widerstand der Behörden die Genehmigung für ein Straßenfest im Londoner Stadtteil Holborn durchgeboxt.

Die „Not the Royal Wedding Street Party“ beginnt am Freitag um 11.30 Uhr (Ortszeit) - gerade mitten im Trau-Gottesdienst. „Wir werden Demokratie und die Macht des Volkes feiern - und nicht ererbte Privilegien“, sagt Graham Smith, der Frontmann der Republicans, deren prominentester Vertreter Oxford-Professor Richard Dawkins ist.

Die Bewegung reklamiert, sie habe in den vergangenen Monaten seit der Verlobung von William und Kate enorm Auftrieb erfahren. Es gebe hunderte neue Mitglieder und tausende Unterstützer auf der Facebook-Seite.

„Wir Republikaner sind motivierter, besser organisiert und geeinter als jemals zuvor“, sagt Smith. Die Meinungsforscher geben ihm da allerdings nicht wirklich recht. Der Anteil derer, die für eine Abschaffung der Monarchie in Großbritannien eintreten, ist kurz vor der Hochzeit von 30 auf bis zu 16 Prozent abgesackt.

Allerdings finden auch die Republicans bei den Meinungsforschern ihre Bestätigung: Zwischen 70 und 80 Prozent sind wegen der Hochzeit „nicht aufgeregt“ oder sie ist ihnen schlicht „egal“. In Nordirland dürfte die Quote höher sein. Dort kriegen viele Menschen trotz des Feiertags von ihren Arbeitgebern nicht einmal frei.