Report: Kaum Wasser, kaum Strom, kaum Licht
Ormoc (dpa) - Wenn die Dämmerung kommt, wird es stockdunkel im Taifun-verwüsteten Ormoc, und die Beklemmung ist in den Straßen der Stadt spürbar. Die gespenstische Ruhe wird hier und da von Mopedlärm durchbrochen.
Keine einzige Straßenlaterne leuchtet, Taifun „Haiyan“ hat bei seinem Zerstörungszug über die Philippinen alles ausgelöscht. Rund 190 000 Menschen sitzen in Ormoc im Dunkeln. Zumindest hatte die Stadt vor der Katastrophe so viele Einwohner. Wie viele durch „Haiyan“ umkamen, weiß niemand. Im hügeligen Stadtgebiet flackern ganz vereinzelt Glühbirnen - nur wenige Leute haben Generatoren, um wenigstens ein bisschen Licht in diese dunklen Tage zu bringen.
Ormoc liegt auf der schwer getroffenen Insel Leyte, 100 Kilometer westlich der Stadt Tacloban. Auch Tacloban wurde verwüstet, aber immerhin hat die Stadt einen einigermaßen funktionierenden Flughafen und ist zur Anlaufstelle für die Helfer, Reporter und Fernsehteams geworden. Die Menschen in Ormoc stehen nicht im Rampenlicht.
„Die Lage ist desolat“, sagt Lucy Torres-Gomez, die Ormoc im Parlament in Manila vertritt. „Alles redet von Tacloban, aber unsere Stadt ist auch völlig zerstört.“ Mit der Fähre kamen ein paar Hilfsgüter an - ein Tropfen auf den heißen Stein, sagt sie. Ormoc erlebte 1991 schon einmal ein Desaster: Bei einem Tropensturm kamen damals fast 5000 Menschen um, 14 000 Häuser wurden zerstört.
Bevor es stockduster wird, stehen vor einem Hotel noch Dutzende Menschen in einer langen Schlange. Hier gibt es einen Generator, der Hotelbesitzer erlaubt den Leuten, ihre Handys aufzuladen. „Wir sind so verzweifelt, wir wollen nur noch weg“, klagt Ditas Maestro.
Maximo Baros hat vier Kinder, das jüngste vier Jahre alt. Bis vor fünf Tagen besaß er einen Laden. Jetzt ist alles zerstört. Er trägt zwei verschiedene Gummilatschen an den Füßen, eine lehmverschmierte Shorts und ein Unterhemd. Mehr ist ihm nicht geblieben. „Schauen Sie mich an, ich bin ein Bettler“, flüstert er. „Ich kann meine Familie nicht mehr ernähren, habe kein Auskommen mehr.“
Krankenpfleger Vicente Golo haust mit seiner Frau und zwei Kindern in seinem Haus, ohne Fenster, ohne Dach, und mit gefährlich brüchigen Wänden. Auch er hat weder Wasser noch Strom. „Immer noch besser, zu Hause zu sein als irgendwo da draußen“, meint er.
Ein kleiner Räumtrupp ist im Einsatz. Die Männer haben auf Straßen Wege durch die Trümmer gebahnt, so breit, dass ein Auto durchpasst. Irgendwo sprudelt Wasser aus einer kaputten Leitung. Ein paar Frauen nutzen die Abenddämmerung, um T-Shirts und Unterwäsche zu waschen. Viele haben nur noch das, was sie am Leibe tragen. Über ihnen baumeln Stromleitungen, der Masten steht noch, allerdings schwer verbogen.
In dem, was vom Bürgermeisteramt übrig geblieben ist, haben sich die acht Mann vom Räumtrupp eingerichtet. Die Scheiben sind alle herausgeschlagen, das Dach ist abgerissen. Die Farbe blättert von den Wänden. Im Erdgeschoss liegt feuchter Matsch. Ein schwacher Generator gibt flackerndes Licht. Die Männer haben sich Pappen und Plastikstühle zusammengesucht, für ihr Nachtlager.