Report: Lager Bramsche wird winterfest

Bramsche (dpa) - Von außen sieht es aus wie ein Volksfestzelt. Wer hineinkommt, dem schlägt Wärme entgegen und Stimmengewirr. Mit weißen Laken sind Dutzende von Kojen abgeteilt. Direkt neben dem Zelteingang schneidet Alamwe Raa'd seinem irakischen Landsmann Hussein Savdar Sabir die Haare.

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Die Stimmung ist freundlich, die Männer lächeln. Er sei seit eineinhalb Monaten hier, erzählt Raa'd. Syrer Mouhamad Moussawel übersetzt vom Arabischen ins Englische. Multikulti im Flüchtlingslager Bramsche, einer der großen Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Niedersachsen.

Raa'd findet es im Lager in Ordnung. Sabir, der seit zwei Monaten hier lebt, ist unzufrieden. Vorher sei er woanders gewesen, da war es besser, erzählt er. Außerdem sei er krank. Ihre Zeltunterkunft wurde vor wenigen Tagen winterfest gemacht: Zusätzliche Planen oben und eine feste Beplankung an den Seiten.

Noch vor einer Woche hatten Hilfsorganisationen wie Caritas oder der Osnabrücker Verein Exil e.V. die Zustände in Bramsche kritisiert. Viele Flüchtlinge mussten in leichten Sommerzelten schlafen, die der Herbstkälte und -feuchtigkeit nicht gewachsen waren. Es regnete durch, den Menschen war kalt und klamm.

„Diese Zelte sind nicht mehr belegt“, sagt der Einrichtungsleiter des Lagers, Klaus Dierker. Noch stehen einige von ihnen auf dem Lagergelände. Dünne Stoffbahnen, Spannholzplatten als Fußboden. In einem Zelt sind noch zwei Behelfsheizungen zu sehen, die Warmluft in die Unterkünfte geblasen haben. Nachts hätte man sie mit Öl befüllen müssen, damit sie nicht ausgehen. „Das war unsere offene Flanke“, sagt Dierker, der seit zwei Wochen hier Chef ist.

Ein neues großes winterfestes Zelt ist schon gebaut, direkt daneben entsteht in den nächsten Tagen ein nächstes. Der feste Boden ist bereits auf dem Schotterplatz angelegt. In dem Zelt sind mit Leichtbauwänden Räume abgeteilt, in denen Familien untergebracht werden sollen, maximal acht Personen. 200 bis 250 Menschen sollen in einem Zelt leben, sagt Dierker. „Hier muss niemand mehr frieren. Ich bin froh, dass wir diese Zustände geändert haben.“ Neben den Zelten sind auch Container aufgebaut worden, mit Platz für 150 Menschen.

Ganz wichtig: In jedem Wohnraum gibt es mehrere Steckdosen, und in den Unterkünften steht W-Lan zur Verfügung. Die Menschen können ihre Smartphones aufladen. „Wenn wir das nicht hätten, würden sie sich die Leitungen aufkratzen und so versuchen, irgendwie an Strom zu kommen“, erklärt Dierker. Die Mobiltelefone sind die einzige Verbindung der Menschen zu ihren Angehörigen.

Noch vor vier Wochen waren die Verhältnisse in Bramsche vollkommen anders. In der eigentlich für 600 Menschen ausgelegten Einrichtung drängten sich über 4000. Flüchtlinge klagten über Enge und Kälte, über zu dünne Decken. „Heute sind hier 2900 Menschen“, sagt Dierker. Die Amtshilfe von Landkreisen und Kommunen für das Land, die ihrerseits nun Tausenden von Flüchtlingen Erstaufnahmeplätze zur Verfügung stellen, habe die Lage in Bramsche deutlich verbessert. Während noch vor einem Monat Ankommende lange darauf warten mussten, bis sie registriert und medizinisch untersucht wurden, gehe das jetzt deutlich schneller, sagt Dierker.

Dass in Bramsche inzwischen die ärgsten Missstände abgestellt wurden, erkennen auch die Kritiker an. „Man kann den Willen des Landes erkennen, die Situation zu verbessern. Das war in der Vergangenheit nicht immer so“, sagt der Osnabrücker Anwalt Andreas Neuhoff. Er hat sich auf Migrationsrecht spezialisiert und ist Vorsitzender des Vereins Exil, der sich vor allem für die Betreuung der Kinder engagiert.

Mouhammad Moussawel findet die Situation im Lager erträglich. „Es ist ok hier“, sagt er auf Englisch. Er kommt aus der Nähe von Damaskus, erzählt der 29-Jährige. Seinen provisorisch abgetrennten Raum teilt er mit drei weiteren Männern. Das Essen sei in Ordnung. „Bei so vielen Menschen kann man nicht auf jeden Wunsch eingehen.“ Der gelernte Baggerführer will in Deutschland bleiben. „Ich habe Berufserfahrung, ich kann hier nützlich sein.“