Report: Ouattara muss Elfenbeinküste wieder einen

Abidjan/Nairobi (dpa) - Noch am Wochenende hatten die Truppen des abgewählten Präsidenten Laurent Gbagbo das Golf Hotel in Abidjan beschossen.

UN-Blauhelme und die international anerkannte Regierung von Wahlsieger Alassane Ouattara haben hier ihr Hauptquartier. Nun ist Gbagbo mit seiner Familie und mehreren Mitarbeitern selbst im Golf Hotel untergebracht - allerdings nicht als Gast, sondern als festgenommener Ex-Machthaber. Der blutige Machtkonflikt im westafrikanischen Elfenbeinküste, der Hunderte Menschenleben kostete und mehr als eine Million Menschen in die Flucht trieb, ist damit erst einmal beendet.

Auf den Straßen Abidjans kam es am Montag zwar zu spontanen Freudenszenen, aber: Vom erhofften Frieden ist das nach dem monatelangen Konflikt tief gespaltene Land weiter denn je entfernt. Die Wahlen im November 2010, die die Gesellschaft nach dem 2003 beendeten Bürgerkrieg wieder einen sollten, haben kaum verheilte Narben aufgerissen. Die Wirtschaft des einst blühenden Landes liegt am Boden. Mehr als 120 000 Menschen flohen ins Nachbarland Liberia, eine noch viel größere Zahl ist innerhalb des Landes auf der Flucht vor Kämpfen und ethnischer Gewalt.

Die Regierung Ouattaras steht vor gewaltigen Herausforderungen. Sie muss die Wirtschaft schnell wieder auf die Beine bringen, die Versorgung der Bevölkerung sichern, den oft traumatisierten Flüchtlingen eine sichere Heimat garantieren. Und sie muss beweisen, dass sie die Hoffnungen erfüllt, die nicht nur die Menschen in Elfenbeinküste in sie gesetzt haben. Für den Finanzexperten Ouattara dürften das Bankwesen und der Kakaohandel noch die geringsten Probleme sein. Denn in den vergangenen Wochen gerieten auch seine Truppen zunehmend schwer in die Kritik.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erhielt Berichte über vergewaltigende und plündernde Ouattara-Soldaten. Auch Massenmorde sollen sie verübt haben. Ähnliche Berichte gab es in den vergangenen Wochen über die Sicherheitskräfte Ouattaras. Für die Opfer der Gewalt macht es keinen Unterschied, wer sie misshandelt und missbraucht. „Das Risiko von Rachemorden und Vergeltung ist sehr hoch“, warnt Corinne Dufka, Westafrika-Expertin bei (HRW).

Unklar ist auch, ob Gbagbos Festnahme seine Anhänger dazu bewegt, nun die Waffen zu strecken. Auch wenn Ouattaras Truppen seit einer Woche große Teile Abidjans unter Kontrolle haben, lieferten sich Gbagbos Milizen weiter blutige Kämpfe mit ihnen und bedrohten vor allem Einwanderer aus den westafrikanischen Nachbarstaaten, die sie als Ouattara-Anhänger unter Generalverdacht stellten. Rund 2000 verängstigte Menschen aus Mali suchten Zuflucht auf dem Gelände ihrer Botschaft in Abidjan und bei den UN-Blauhelmen. Als unberechenbar gelten auch die Söldner, die beide Seiten im Einsatz hatten.

Internationale Anerkennung und Unterstützung genießt Ouattara seit dem vergangenen November, als Gbagbo mit Hilfe eines Parteifreunds an der Spitze des Verfassungsgericht den Wahlsieg Ouattaras annullieren ließ. Die seit fünf Jahren überfälligen Wahlen waren von Beobachtern als transparent und fair gelobt worden, die Wahlbeteiligung lag bei mehr als 90 Prozent. Die Menschen in Elfenbeinküste hofften auf einen Neuanfang. Allein - die Hoffnungen auf Stabilität und Frieden sind schwerer zu erfüllen denn je.