Rot-Grün gewinnt in Bremen - FDP nicht im Parlament
Bremen (dpa) - Triumph für Rot-Grün in Bremen: Bei der Bürgerschaftswahl im kleinsten Bundesland wurde die seit 2007 regierende Koalition am Sonntag deutlich gestärkt. Dafür sorgten nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF vor allem starke Zugewinne der Grünen.
Die CDU sackte weiter ab. Mit ihrem schlechtesten Ergebnis in dem Land seit fünf Jahrzehnten landete sie - bundesweit einmalig - hinter den Grünen. Die FDP flog aus dem Landesparlament, die Linke schaffte trotz Verlusten den Wiedereinzug.
Die Grünen setzten damit im fünften von sieben Urnengängen im Superwahljahr 2011 ihren Höhenflug fort. CDU und FDP kassierten nach den Misserfolgen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erneut eine schwere Niederlage.
Nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF legte die SPD mit Regierungschef Jens Böhrnsen leicht dazu und wurde mit 37,9 bis 38,0 Prozent mit weitem Abstand stärkste Kraft. Die von Finanzsenatorin Karoline Linnert angeführten Grünen gewannen rund sechs Punkte dazu und landeten mit 22,9 Prozent auf Platz 2. Sie hängten die CDU mit Spitzenkandidatin Rita Mohr-Lüllmann ab, die nur noch auf 20,4 bis 20,6 Prozent kam. Die FDP mit Landeschef Oliver Möllenstädt verpasste mit 2,8 bis 2,9 Prozent klar den Sprung ins Parlament. Die Linke mit dem Duo Kristina Vogt und Klaus-Rainer Rupp zog mit 5,7 bis 5,8 Prozent knapp ein.
Die SPD wird demnach in der Bürgerschaft künftig mit 35 Sitzen vertreten sein, die Grünen mit 22, die CDU mit 19 und die Linke mit 6 Sitzen. Die Vereinigung „Bürger in Wut“ (BIW) bekommt wieder einen Sitz, weil sie in Bremerhaven relativ stark ist.
Eine Hochrechnung des Landeswahlleiters sah die SPD am Abend bei 38,8 Prozent (37 Sitze), die Grünen bei 22,0 (21), die CDU bei 20,1 (19), die Linke bei 6,4 (5) und die FDP bei 2,5 Prozent. Die BIW erzielte ein Mandat. Diese Zahlen basierten auf der Auszählung von 70 repräsentativen Wahlbezirken. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 56,7 Prozent. Wegen des schwierigen Auszählverfahrens soll das vorläufige amtliche Endergebnis erst zur Wochenmitte vorliegen.
ARD und ZDF sahen die Wahlbeteiligung mit rund 54 Prozent so niedrig wie nie zuvor in Bremen. Bundesweit erstmals durften auch 16- und 17-Jährige an einer Landtagswahl teilnehmen. Sie machten fast 10 000 der insgesamt rund 500 000 Wahlberechtigten aus.
Die Grünen setzten damit auch in Bremen ihren Höhenflug fort. Nachdem sie in Baden-Württemberg die SPD hinter sich gelassen hatten und dort erstmals einen Ministerpräsidenten stellen, hängten sie in Bremen mit der CDU zum zweiten Mal eine Volkspartei ab. Die FDP konnte von ihrer personellen Erneuerung auf Bundesebene nicht profitieren. Sie sitzt jetzt nur noch in 13 von 16 Landesparlamenten.
Die SPD stellt in ihrer Hochburg Bremen seit Kriegsende ununterbrochen den Regierungschef. Amtsinhaber Böhrnsen sagte, beide Koalitionspartner hätten zugelegt. „Einen größeren Vertrauensbeweis kann man sich nicht vorstellen.“ SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem „Riesenerfolg“. Insgesamt sei seiner Partei „eine schöne Serie in den letzten 12 bis 15 Monaten“ gelungen, sagte er in der ARD.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth wertete es als besonders erfreulich sei, dass die Grünen erstmals vor der CDU liegen. Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin sagte im ZDF, seine Partei sei dafür „belohnt“ worden, dass sie 2007 das schwierige Finanzressort in dem mit fast 18 Milliarden Euro verschuldeten Land übernahm. Spitzenkandidatin Linnert deutete an, dass die Grünen in der Regierung mehr Einfluss erhalten wollen. Es sei üblich, dass die Wählerstimmen „sich auch in den Kräfteverhältnissen einer Regierung widerspiegelt“. Darüber werde man mit der SPD reden.
Regierungschef Böhrnsen reagierte zurückhaltend: „Wir werden uns zunächst über Inhalte verständigen“, sagte er. Erst danach solle die Vergabe der Posten geklärt werden.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sprach von einer „schmerzhaften Niederlage“ und einer „herben Enttäuschung“. Er betonte in der ARD: „Es ist schwer, Volkspartei in einer Großstadt zu sein.“ CDU- Spitzenkandidatin Mohr-Lüllmann räumte ein, dass ihre Partei ihre Wahlziele nicht erreicht habe. „Es gab leider keine Wechselstimmung.“
FDP-Generalsekretär Christian Lindner sah in der Niederlage der Liberalen noch keine Aussage über ihr neues Personaltableau. „Wir haben gerade erst angefangen mit der Neuaufstellung“, sagte er in der ARD. „Das braucht selbstverständlich Zeit, bis das wirkt.“ Die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch sagte in der ARD, der Wiedereinzug in die Bürgerschaft nach parteiinternen Querelen sei ein Erfolg. Gerade in Bremen werde eine „soziale Opposition“ gebraucht.
Nach einer Analyse der Forschungsgruppe Wahlen verdankt die SPD ihren Sieg einem hohen Parteiansehen, ihrer Sachkompetenz und vor allem Bürgermeister Böhrnsen mit seinen hervorragenden Imagewerten. Auf der Gegenseite stehe die wenig bekannte CDU-Spitzenkandidatin exemplarisch für die Schwäche ihrer Partei.
Bei der Wahl vor vier Jahren hatte die SPD 36,7 Prozent, die CDU 25,6 und die FDP 6,0 Prozent erzielt. Die Grünen erreichten 16,5 und die Linken 8,4 Prozent. Die rechtsextreme DVU erhielt ein Mandat. Durch Aus- und Übertritte sah die Sitzverteilung zuletzt so aus: SPD (35), CDU (22), Grüne (13), Linke (5), FDP (4), BIW (1), Parteilose (3).
Um die 83 Sitze in der Bürgerschaft bewarben sich diesmal 16 Parteien und Wählervereinigungen mit 369 Kandidaten. Das Wahlrecht sieht vor, dass eine Partei schon dann ins Landesparlament kommt, wenn sie nur in einer der beiden Städte Bremen und Bremerhaven die Fünf-Prozent-Hürde überspringt. Erstmals konnten die Bürger fünf Stimmen vergeben und diese beliebig auf Parteien und Bewerber verteilen.