Rückblick: Grass' Israel-Besuch 1967
Tel Aviv (dpa) - Israel belegt Günter Grass mit einem Einreiseverbot, israelische Politiker nennen ihn einen Antisemiten - bei seinem ersten Besuch in Israel vor 45 Jahren war der Schriftsteller dagegen überaus freundlich empfangen worden.
Die israelische Zeitung „Maariv“ veröffentlichte am Montag einen Archiv-Artikel des Schriftstellers Nathan Alterman zu Grass' Besuch im März 1967 - drei Monate vor dem Sechstagekrieg. „Die guten Eigenschaften und Errungenschaften von Günter Grass, als Schriftsteller und Künstler und als Kämpfer gegen die Überreste oder neuen Keime der Nazizeit in Deutschland haben während seines Besuchs in Israel großes Interesse und Wertschätzung für seine Person geweckt“, schrieb Alterman damals.
Grass bekannte sich erst 2006 zu seiner Mitgliedschaft in der Waffen-SS. Dies konnte Alterman also nicht wissen, als er 1967 schrieb: „Die Jugendzeit von Grass verringert nicht seine Gestalt als Anti-Nazi-Kämpfer, sondern verleiht ihr noch die Narben der bitteren persönlichen Erfahrung.“
Israel und Deutschland hatten im Mai 1965 offiziell diplomatische Beziehungen aufgenommen. Der israelische Schriftstellerverband wollte Grass dennoch während seines ersten Besuchs keinen offiziellen Empfang bereiten, erntete dafür jedoch Kritik. Alterman äußerte zwar grundsätzlich Unterstützung für die Entscheidung des Verbands, betonte jedoch: „Es gibt keine deutsche Nation und kein deutsches Reich, sondern nur Deutsche, von denen jeder nach seinen Taten beurteilt werden sollte.“ Er schrieb zudem: „Das Deutschland, in dem Günter Grass schreibt und agiert, ist nicht das Deutschland von Goebbels.“
Die Zeitung veröffentlichte auch ein Bild, das Grass im März 1967 im freundlichen Gespräch mit dem israelischen Schriftsteller Schmuel Josef Agnon (1888 - 1970) zeigt. Agnon war 1966 gemeinsam mit der in Berlin geborenen Lyrikerin Nelly Sachs der Literaturnobelpreis verliehen worden.
Ein zweites Bild zeigt Grass bei einem zweiten und letzten Besuch in Israel im Jahre 1971. Bei einer Lesung soll er damals mit Tomaten beworfen worden sein.