Rupert Heindl urteilt über Uli Hoeneß
München (dpa) - Als Richter Rupert Heindl an einem sonnigen Freitagmorgen im Februar den Saal B266 im Münchner Landgericht betritt, herrscht im Zuschauerraum gähnende Leere. Bis auf den Staatsanwalt und die Angeklagten mit ihren Anwälten scheint sich niemand für den Prozess zu interessieren, den Heindl an diesem Tag verhandelt.
Es geht um Betrug, eine Insolvenz - und viel Geld. Doch nicht einmal die zahlreichen Rentner, die Pressevertretern in populäreren Strafprozessen gerne die Plätze streitig machen, sind gekommen.
Das dürfte sich mit dem Prozess ändern, den Richter Heindl am kommenden Montag im Münchner Justizpalast eröffnet. Dann nämlich nimmt der Präsident des FC Bayern München auf der Anklagebank Platz. Vier Verhandlungstage sind bislang angesetzt, in denen Heindl den Steuerhinterziehungs-Vorwürfen gegen Uli Hoeneß auf den Grund gehen wird (Az: W5 KLs 68 Js 3284/13).
Heindl trägt eine weiße Fliege unter seinem Talar. Seine Höflichkeit und ruhige Freundlichkeit können nicht darüber hinwegtäuschen, dass er ein ebenso gründlicher wie bestimmter Richter ist. „Ich hätte auch jede Menge Fragen“, unterbricht er einen Angeklagten, als der sich ohne Vorwarnung zu Wort meldet. Und als ein Rechtsanwalt, der als Zeuge geladen ist, sagt, er wolle gerne erst erzählen, an was er sich erinnert, und dann gefragt werden, antwortet Heindl: „Nachdem Sie mit der Strafprozessordnung nicht mehr viel am Hut haben: Genau so funktioniert's.“
Heindl, der sich vor dem Hoeneß-Prozess weder dazu äußern noch Fotos von sich machen lassen will, fixiert den Zeugen, lässt ihn kaum aus den Augen und wendet den Blick nur von ihm ab, wenn er sich mit seinem rot-silbernen Kugelschreiber Notizen macht. Immer wieder legt er den Kopf schräg und die Stirn in Falten. Er ist ein konzentrierter Zuhörer, belehrt Zeugen gründlich und eingehend und er ist ein Freund klarer Worte. Er fragt ruhig, mit fester, angenehmer Stimme und benutzt auch mal Worte wie „Jo“ und „wurscht“.
Seit November 2011 ist Heindl Vorsitzender Richter der fünften Strafkammer des Landgerichts München II, der Wirtschaftsstrafkammer, die sich grundsätzlich nicht auf Absprachen, auf „Deals“ einlässt, wie er in dem einen oder anderen Prozess schon betont hat.
Im Jahr 2012 schickte er laut Zeitungsberichten eine 75-Jährige für drei Jahre ins Gefängnis, weil sie eine Frau um eine Viertelmillion Euro betrogen hatte. Rund zwei Monate vor dem Start des Prozesses gegen Hoeneß verurteilte Heindl einen Unternehmer zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft - wegen Hinterziehung von einer Million Euro Steuern, Insolvenzverschleppung und vorsätzlichen Bankrotts.
Hoeneß' Anwälte haben Strafanzeige gegen unbekannt gestellt, um den Maulwurf in Finanzbehörden zu finden, der vertrauliche Informationen über den Fußball-Funktionär an die Presse weitergab. Dies wird aber nach Einschätzung von Steuerexperten kaum Einfluss auf das Urteil haben, das Heindl sprechen wird.
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, geht davon aus, dass „eine Verteidigung von Uli Hoeneß ein bisschen auf die Tränendrüse drücken wird“. Ob das bei Heindl funktionieren würde, ist fraglich. Tränen hat er in seinem Gerichtssaal oft gesehen. Weil er einen Wasser trinkenden Angeklagten mal mit den Worten anherrschte „Ich hätte ungern eine Trinkstube in der Hauptverhandlung“, nannte die „Bild“-Zeitung ihn einen „Knallhart-Richter“.