Sarkozy revidiert Wachstumsprognose und lobt die Deutschen
Paris (dpa) - Nach dem Euro-Krisengipfel in Brüssel hat Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sein Land auf neue harte Sparanstrengungen vorbereitet.
Das Wirtschaftswachstum nächstes Jahr werde wahrscheinlich nur 1 Prozent betragen und nicht wie zunächst erwartet 1,75 Prozent, sagte der Staatschef in einem von knapp zwölf Millionen Zuschauern verfolgten TV-Interview am Donnerstagabend. Um das Staatsdefizit zu senken, seien Einsparungen oder zusätzliche Einnahmen in Höhe von sechs bis acht Milliarden Euro notwendig. In den kommenden zehn Tagen würden dazu Beschlüsse fallen.
Als Vorbild für erfolgreiche Reformen nannte Sarkozy immer wieder Deutschland und propagierte den engen Schulterschluss mit dem Nachbarland. Die Einführung der 35-Stunden-Woche 2001 habe Frankreichs Wettbewerbsfähigkeit ruiniert, während der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) das Gegenteil gemacht habe, sagte der Präsident. Auch beim Steuersystem müsse über Angleichungen nachgedacht werden. Frankreich sei das Land mit Europas höchsten Steuern. „Mein Job ist es, Frankreich näher an ein System heranzubringen, das funktioniert, das Deutschlands“, sagte Sarkozy.
Das Interview Sarkozys war mit Spannung erwartet worden. Es war der erste längere Fernsehauftritt des Staatschefs seit acht Monaten und der erste, seitdem die oppositionellen französische Sozialisten François Hollande zu ihrem Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen im Frühjahr 2012 kürten. Es gilt als sicher, dass Sarkozy trotz derzeit schlechter Umfragewerte erneut antritt. Im Interview verweigerte er aber eine Antwort auf die Frage. Er wolle sich Ende Januar oder Anfang Februar äußern. Von den Sozialisten kam heftige Kritik. Der Ex-Premierminister Laurent Fabius sprach am Freitag von einer „verfälschenden Darstellung“ Sarkozys, der sich als Retter eines von den Sozialisten angerichteten Flurschadens präsentierte. Hintergrund der Pariser Sparpläne ist wie in vielen anderen europäischen Staaten das nach EU-Regeln unzulässig hohe Staatsdefizit. Frankreich hat zugesagt, es bis 2013 auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. 2010 lag es bei 7 Prozent. Die bisherigen Pläne der Regierung sollen den Haushalt bis Ende 2012 um etwa zwölf Milliarden Euro entlasten.
Die neuen französischen Sparpläne sollen nach dem G20-Treffen (3./4.11.) in Cannes präsentiert. Details nannte der Präsident nicht, schloss aber eine von vielen befürchtete allgemeine Mehrwertsteuer-Erhöhung aus.
Wegen der Schuldenprobleme ist auch Frankreichs Top-Bonität in Gefahr. Die Ratingagentur Moody's zweifelte jüngst am bisher stabilen guten Ausblick für die Kreditwürdigkeit von Europas zweitgrößter Volkswirtschaft und stellte das Toprating (Aaa) auf den Prüfstand. Die Regierung müsse für Frankreichs Best-Bewertung wirtschafts- und budgetpolitische Reformen umsetzen, schrieb Moody's in einem vor knapp drei Wochen veröffentlichten Bericht. „Das Problem sind nicht die Rating-Agenturen, dass Problem ist, dass wir zu viel Ausgaben“, sagte Sarkozy zu dem Thema. Statt auf die Rating-Agenturen zu schimpfen, solle besser mehr und besser gearbeitet werden.