Schwarz-Rot-Gold überall
Berlin (dpa) - „Schlaaaaand!!!“ Hunderttausende Fußballfans haben in der Nacht ihr Sommermärchen-Happy-End gefeiert. Um Punkt 23:36 Uhr lagen sich wildfremde Menschen auf Straßen, in Kneipen, in Stadien und Biergärten jubelnd in den Armen.
In Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und anderswo wurden Böller und Raketen gezündet. Überall Jubelgesang: „Oh, wie ist das schön“, „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ oder simpel „Deutschland, Deutschland“ beherrschten diese historische Fußballnacht.
Mehr als eine Viertelmillion Fans waren auf Deutschlands größter Fanmeile in Berlin in einem schwarz-rot-goldenen Fußballrausch. Noch zwei Stunden nach dem Abpfiff war die Meile proppenvoll, die Massen tanzten ausgelassen zu lauter Partymusik. Es war ein bisschen wie Silvester und Karneval zusammengenommen: Großes Feuerwerk und „Schland“-Kostüme überall.
Schon Stunden vor dem Anpfiff war die Fanmeile auf der Straße des 17. Juni zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor proppenvoll gewesen. Mehrere zehntausend Fans, die zu spät kamen, mussten sich andere Public-Viewing-Plätze suchen. Schon am Dienstagmorgen dürfte es wieder so voll werden: Dann kommen die neuen Weltmeister zum Feiern auf die Fanmeile. Um 9.00 Uhr landet die Nationalelf auf dem Flughafen Tegel, von dort aus geht es per Bus zum Brandenburger Tor.
In Hamburg war es ebenfalls „knackevoll“, wie eine Sprecherin des Veranstalters sagte. 50 000 Menschen drängten sich auf dem Heiligengeistfeld und feierten nach dem Abpfiff eine Party in St.-Pauli-Manier. Auch in Köln, Stuttgart, Nürnberg oder Freiburg feierten Tausende Fans. In Darmstadt wurde kurzerhand der City-Tunnel zur Party-Röhre - feiernde Fußballfans statt Autoverkehr.
Die Frankfurter Commerzbank-Arena und das Münchner Olympiastadion waren schon vor Tagen ausgebucht gewesen: 50 000 Fans am Main und 33 000 an der Isar litten und jubelten mit dem deutschen Team. Sie hatten zudem einen großen Vorteil: Sie konnten das Finale Deutschland-Argentinien größtenteils regensicher unter dem Dach verfolgen.
Bei den unzähligen Freiluft-Events schickten die Fans hingegen immer wieder bange Blicke gen Himmel: Den ganzen Tag über und auch am Abend regnete es immer mal wieder. In der Hauptstadt waren viele Fans schon vor dem Anpfiff nass - doch das war allen egal. Während des dramatischen Spiels im Maracanã-Stadion - von Twitternutzern „Dramacana“ getauft - starrten alle gebannt auf die Großbildleinwände.
Danach ging es in vielen Städten in die Autos: Hupend und Fahnen schwingend fuhren Korsos durch die Straßen. „Die Autos strömen von überall rein“, sagte eine Karlsruher Polizeisprecherin stellvertretend für viele. In Mannheim waren rund 2000 Autos in einem Korso unterwegs, der zeitweise den Verkehr lahmlegte. „Es hupt überall“ sagte auch ein Berliner Polizeisprecher.
Die „Schland“-Massen litten und jubelten kollektiv. Schrecksekunden und Entsetzen jedes Mal, wenn Lionel Messi durch die deutsche Abwehrreihe wirbelte, erstickte Torschreie und Stöhnen bei den zahlreichen vergebenen Torchancen der Deutschen. In der 113. Minute dann kein Halten mehr: Mario Götze, bei Twitter schon zum „Fußballgötze“ ernannt, haute den Ball ins Netz. „Tooooor!“ - ein Schrei aus Hunderttausenden Kehlen.
Zur großen Finalparty hatten sich wieder ganz viele in „Schland“-Montur geschmissen. Neben den klassischen weißen Deutschlandtrikots dominierte Schwarz-Rot-Gold: Perücken, Schminke, Hüte, Blumenketten, Klebe-Tattoos, Sonnenbrillen, Fahnen, Tröten, Plastikhelme, Shirts und Regenschirme - alles in Deutschlandfarben.
Auch an der Copacabana am deutschen Fan-Treff „TOR!“ direkt am Strand unweit des großen FIFA-Fanfestes war alles nur Schwarz-Rot-Gold: Hunderte Fans feierten ausgelassen in den brasilianischen Abend hinein - bei reichlich Freibier. Und selbst in der Fußball-Diaspora wurde mit einem Autokorso der deutsche Triumph gefeiert: Jubelnde Fans fuhren hupend durch die kanadische Großstadt Toronto. Im Stadtzentrum kam der Verkehr zeitweise zum Stillstand.
In Bremen gab es bei einer Public-Viewing-Veranstaltung einen tödlichen Zwischenfall: Ein Mann wurde bei einer Messerstecherei während der Übertragung des Spiels in einem Kino verletzt und starb wenig später, wie ein Polizeisprecher in der Nacht zu Montag sagte. Wie viele Menschen an der Auseinandersetzung beteiligt waren, konnte die Polizei noch nicht sagen. Ebenfalls unklar war, ob die Tat im Zusammenhang mit dem Fußballspiel steht.