Schweinsteiger im Glück: EM-Halbfinale trotz Fehlschuss

Bordeaux (dpa) - Bastian Schweinsteiger ballte die Fäuste und schrie seine Freude heraus. Als Jonas Hector den alles entscheidenden Elfmeter verwandelt hatte, fiel dem Kapitän eine Zentnerlast vom Herzen.

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Er steht mit Deutschland nach einem Elfmeterkrimi gegen Italien (6:5) im EM-Halbfinale.

Auch der früh eingewechselte Kapitän hatte in Bordeaux Verantwortung beim Duell vom Punkt übernommen, doch seine Nerven versagten. Der 31-Jährige knallte den Ball über das Tor. Enttäuscht stützte sich Schweinsteiger auf den Knien ab und war danach nur Zuschauer an der Mittellinie. Dass es für den Fehlschützen vom Champions-League-Finale 2012 nicht wieder ein Elfer-Drama gab, hatte Schweinsteiger den Kollegen um Torwart Manuel Neuer zu verdanken.

Deutschland im Halbfinale
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Dieser besondere Fußball-Abend hatte für Schweinsteiger früh begonnen. Als Sami Khedira mit einer Adduktorenverletzung vom Feld humpelte, vertraute Joachim Löw ohne groß zu überlegen seiner Führungskraft (16.). Ein kurzes Tänzeln auf der Stelle, ein Abklatschen mit dem Bundestrainer - von 0 auf 100 musste der 31-Jährige ohne Aufwärmprogramm durchstarten.

38 Minuten durfte der im EM-Jahr immer wieder von Knieverletzungen gestoppte Schweinsteiger bis zum Italien-Match im Turnier ran, dass es jetzt ein extralanger Abend werden würde, konnte keiner ahnen. Sein spektakulärer Treffer beim 2:0 zum EM-Auftakt gegen die Ukraine wurde groß gefeiert, ansonsten musste sich der 119-malige Nationalspieler mit einer Nebenrolle begnügen. Der Kapitän akzeptiere, dass er momentan nicht von Anfang an spiele, berichtete Löw.

Abnutzungskämpfe wie den vom Samstagabend hätte ein Schweinsteiger in Topform geliebt. Als Joker zeigte sich Schweinsteiger viel, forderte Bälle, redete viel mit den Nebenleuten, und dosierte clever die Kraft. Der fehlende Rhythmus war dem Mittelfeldakteur von Manchester United anzumerken. Und trotzdem leitete er stark die große Torchance von Thomas Müller (54.) ein, in der Nachspielzeit verpasste er nur knapp einen Kopfball (90.+2) in bester Position. Und in der Verlängerung zeigte er sich sogar vermehrt im Strafraum, handelte sich zudem eine Gelbe Karte ein (112.).

Oliver Bierhoff hatte den Einsatz von Schweinsteiger eigentlich schon voraus gesagt. „Es gibt alle möglichen Varianten, Basti rein, Sami raus“, sagte der Teammanager. Dass sich Khedira wie vor dem WM-Finale verletzte, hatte Bierhoff dabei sicher nicht im Sinn gehabt. „Ich habe das Gefühl, dass Basti so weit ist. Körperlich ist er gut drauf, er hat sich immer weiter rangearbeitet. Bastian gehört zu den Spielern, auf die Jogi Löw 100 Prozent setzen kann.“ Am Samstag in Bordeaux brauchte der Bundestrainer ihn dringend - die weiteren Turniertage können nun die ganz großen des Bastian Schweinsteiger werden.