Kompromisssignale an SPD Seehofer: GroKo-Verzögerung wäre „Katastrophe“

Berlin (dpa) - CSU-Chef Horst Seehofer hat eindringlich vor Verzögerungen oder einem Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit der SPD gewarnt.

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„Wir sind in Verhandlungen von historischer Dimension. Als großes Land in Europa sind wir gezwungen, endlich eine Regierung zu bilden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das dürfe man nicht leichtfertig verspielen. „Wer in historischen Dimensionen versagt, wird von der Bevölkerung die Quittung bekommen.“ Ein Scheitern könne „für die beteiligten Volksparteien nur grauenvoll sein“.

Seehofer setzt auf eine Einigung am Sonntag, spätestens aber am nächsten Dienstag. Sonst wäre die Regierungsbildung vor Ostern in Gefahr. „Dann müssten wir danach in vielen Punkten nochmal von vorne anfangen.“ Das wäre ein „Desaster“ und eine „Katastrophe“, warnte der CSU-Chef. „Das würde in der Bevölkerung zu berechtigter Wut führen.“ Er hält eine Einigung bis spätestens Dienstag aber für erreichbar: „Wir können es stemmen, wenn die Vernunft der Kompass bleibt.“

In den großen Streitpunkten sandte Seehofer Kompromisssignale an die SPD - allerdings in Grenzen: Über vernünftige Vorschläge wie den Kampf gegen Ketten-Befristungen von Arbeitsverträgen und Verbesserungen für gesetzlich Krankenversicherte könne man reden.

„Bei den befristeten Arbeitsverträgen wollen wir den Missbrauch bekämpfen. Aber wir wollen die Instrumente nicht abschaffen, also die befristeten Arbeitsverträge nicht abschaffen“, sagte er. Wenn man Vollbeschäftigung erreichen wolle, müsse man auch Langzeitarbeitslose und Zuwanderer in Arbeit bringen. Das gehe nur mit diesen Instrumenten. „Für diese Menschen brauchen wir eine Brücke in die Arbeitswelt.“

Seehofer betonte aber: „Über Missbrauchsauswüchse muss und sollte man reden. Ob jetzt bei der gleichen Person acht- oder neunmal hintereinander ein befristeter Arbeitsvertrag stattfinden muss, damit soll sich jetzt die Arbeitsgruppe befassen.“ Er fügte hinzu: „Vernünftige Vorschläge werden von uns auch akzeptiert.“

Zum Streitpunkt Gesundheitspolitik sagte Seehofer: „Wir wollen keine Bürgerversicherung, keine Einheitsversicherung. Die war für die Menschen noch nie gut. Sondern wir wollen für die gesetzlich Versicherten Verbesserungen, zum Beispiel eine bessere Honorierung bei der sprechenden Medizin.“ Als weitere Beispiele nannte er eine bessere Finanzierung der Krankenhäuser und die Ärzteversorgung auf dem Land. „Da sind wir auch zu einer besseren Honorierung bereit.“

Den Kompromiss von Union und SPD beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit begrenztem Schutzstatus nannte Seehofer „eine saubere Lösung, eindeutig und in unserem Sinne“. „Wir haben unser Regelwerk der CDU/CSU durchgesetzt. Das ist das, was wir immer wollten: Begrenzung und Ordnung.“ Zudem habe die CSU immer gesagt, dass es mit ihr „keine neue, keine erweiterte Härtefallregelung“ gebe.

Über SPD-Vize Ralf Stegner, der die CSU in Sachen Flüchtlingspolitik scharf kritisiert hatte, sagte Seehofer: „Wir alle kennen den Kollegen Stegner, der ist eine ausgesprochene Konsensbremse. Und deshalb hat es auch keinen Sinn, sich furchtbar lange und tief damit zu beschäftigen, was Herr Stegner sagt.“ Stegner hatte in der ARD gesagt, er sei „sehr befremdet, dass eine Partei, die sich christlich nennt, mit einer solchen Inbrunst gegen die Zusammenführung von Familien“ kämpfe. Die CSU sei „geradezu in blindwütigem Wettbewerb mit der AfD über die Deutungshoheit über den Stammtischen“.

Dass eine GroKo-Neuauflage beim SPD-Mitgliederentscheid durchfallen könnte, glaubt Seehofer indes nicht: „Ich denke, wenn die SPD-Führung mit uns einen Koalitionsvertrag vereinbart, dass die SPD-Führung dann letztendlich auch die Rückendeckung ihrer Mitglieder bekommt.“