Sensationeller Sieg von Tsipras in Griechenland

Athen (dpa) - Viele Beobachter in Athen wollten am Sonntagabend ihren Augen nicht trauen: Demoskopen sagten seit Tagen ein Kopf-an-Kopf- Rennen zwischen dem linken Alexis Tsipras und dem konservativen Evangelos Meimarakis voraus.

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Und was geschah?

Ein ganz klarer Sieg von Tsipras. Zudem drängte Tsipras seinen ehemaligen Linksflügel in der Partei, der sich abgespaltet hatte, fast vollständig in die Bedeutungslosigkeit ab. Die Volkseinheit scheiterte an der Drei-Prozent-Hürde und wird nicht im Parlament vertreten sein.

Erfolg für Tsipras - und das trotz eines harten Sparprogramms, dem er zugestimmt hat, trotz Kapital-Verkehrskontrollen und trotz einer Spaltung seiner Partei. Als erster gratulierte ihm sein Hauptgegner Meimarakis, Chef der konservativen Nea Dimokratia. Tsipras solle jetzt seine Regierung bilden, meinte er.

Zwischen den Zeilen las jeder den Aufruf an Tsipras: „Okay, Du hast es mit der richtigen Taktik geschafft. Nun musst Du regieren.“ Tsipras stehen nun schwierige Zeiten bevor: Er muss ein hartes Sparprogramm umsetzen. Die neue Regierung muss schon im Oktober die Sparmaßnahmen und Privatisierungen umsetzen, denen das letzte Parlament zugestimmt hatte. Anderenfalls wird bald wieder kein Geld nach Athen fließen.

Noch am Sonntagabend erschien Tsipras zusammen mit seinem bisherigen Koalitionspartner Panos Kammenos, dem Chef der Unabhängigen Griechen, auf einer Tribüne am zentralen Klafthmonos Platz in Athen: „Wir werden die sozial Schwachen schützen“, betonte Tsipras. Die beiden hoben dei Arme und liessen sich von den Anhängern der Syriza feiern. Beobachter gingen davon aus, dass Tsipras bereits am Montag vereidigt werden könnte. Spätestens Dienstag soll auch die Regierung stehen, hieß es aus Kreisen der Syriza-Partei.

Alexis Tsipras hat in diesem Jahr viel taktiert. Am 25. Januar gewann er die vorgezogenen Wahlen und bildete eine „unheilige“ Koalitionsregierung mit den Rechtspopulisten. Er verhandelte monatelang mit den Geldgebern, zögerte alle Entscheidungen meist über die Fristen hinaus in der Hoffnung, die Gläubiger würden ihm entgegenkommen. Das Ziel: Ein entschärftes Sparprogramm, um sein an der strategischen Nahtstelle zwischen dem Westen Europas und dem Nahen Osten liegendes Land nicht weiter zu destabilisieren.

Als die Gläubiger auf ihren harten Sparanforderungen beharrten, setzte Tsipras ein Referendum an. Die Griechen sagten „Nein“, sie wollten kein Sparprogramm mehr. Dann folgte eine Kehrtwende Tsipras': Er stimmte einem noch härteren Sparprogramm zu. Um dem Land eine Katastrophe zu ersparen, begründete er seine Entscheidung. Als der linke Syriza-Flügel rebellierte und sich abspaltete, taktierte Tsipras wieder. Er trat zurück und provozierte damit die vorgezogene Wahl.

Die harten Sparprogramme hatten auch eine andere Auswirkung: Die rechtsextremistische und ausländerfeindliche Goldene Morgenröte wurde drittstärkste Kraft mit rund sieben Prozent und 19 Abgeordneten. Sie wird aber nicht stärkste Oppositionspartei, weil die Nea Dimokratia nicht mitregieren wird. Und noch ein interessanter Aspekt: Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 55 Prozent, nachdem sie im Januar bei 63 Prozent gelegen hatte. Viele Griechen sind die Wahlen wohl satt.

Und es gab auch eine echte Proteststimme bei der Wahl: Rund 3,5 Prozent stimmten für die Protestpartei eines Trash-TV-Politikers, Vasilis Leventis. Seiner Partei der Union des Zentrums gelang der Einzug ins Parlament mit etwa 3,5 Prozent. Leventis gilt seit Jahrzehnten in Griechenland als unseriös, Gegner betiteln ihn als Witzfigur.