Separatisten halten erneut OSZE-Beobachter fest

Slawjansk (dpa) - Die vier in der Ostukraine verschleppten OSZE-Beobachter werden nach den Worten prorussischer Aufständischer im Raum der Separatistenhochburg Slawjansk festgehalten. „Jetzt klären wir, wer sie sind, wohin und warum sie gefahren sind, und lassen sie frei“, sagte der selbst ernannte Bürgermeister der Stadt, Wjatscheslaw Ponomarjow, der Agentur Interfax.

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In der Gegend kam es erneut zu schweren Gefechten zwischen Regierungseinheiten und moskautreuen Kräften. Dabei seien proukrainische Truppen in Slawjansk und Kramatorsk mit Artillerie und Kampfflugzeugen gegen die Stellungen der Separatisten vorgegangen, berichteten örtliche Internetportale.

Die Aufständischen sollen nach unbestätigten Berichten zwei Hubschrauber abgeschossen haben. Die Separatisten behaupteten zudem, Regierungseinheiten hätten Zivilisten, darunter auch viele Kinder, an der Flucht aus Slawjansk gehindert.

In der etwa 150 Kilometer entfernten Großstadt Lugansk erstürmten Truppen der selbst ernannten „Volksrepublik“ eine Kaserne der Nationalgarde. Bis zu 100 Einsatzkräfte sollen sich ergeben haben. In Kiew bestätigte die Nationalgarde eine Teileroberung des Geländes.

In der Ostukraine gehen proukrainische Einheiten mit einem „Anti-Terror-Einsatz“ gegen Regierungsgegner vor. Dabei wurden allein in den vergangenen Tagen Dutzende Menschen getötet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte die internationale Gemeinschaft auf, wirksamere Maßnahmen für ein Ende der Gewalt zu ergreifen.

Im Fall der verschleppten OSZE-Beobachter betonte der „Volksbürgermeister“ Ponomarjow: „Wir wissen, wo sie sind, ihnen geht es gut.“ Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte am Montagabend den Kontakt zu der Gruppe verloren, deren Mitglieder aus Estland, Dänemark, der Türkei und der Schweiz stammen.

Der estnische Diplomat Tiit Matsulevits, der ebenfalls an einem OSZE-Einsatz in der Ukraine teilnimmt, sagte, die Beobachter würden im Gebiet Lugansk festgehalten. Es liefen Verhandlungen, sagte Matsulevits am Mittwochabend im estnischen Radio. Die OSZE gebe nur wenige Informationen heraus, um die Gespräche nicht zu behindern und die Sicherheit der Mitarbeiter nicht zu gefährden.

Eine elfköpfige OSZE-Beobachtergruppe, zu der am Mittwoch der Kontakt vorübergehend abgebrochen war, sei zu ihrer Basis in der Millionenstadt Donezk zurückgekehrt, teilte die Organisation mit. Der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter verurteilte die Festnahmen als „Akte von Sabotage“ der internationalen Anstrengungen, der Ukraine bei der Bewältigung der Krise zu helfen.

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nannte die Destabilisierung der Ukraine und anderer Länder in der Region durch Russland nicht akzeptabel. Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk, der ebenfalls bei der Karlspreis-Verleihung an Van Rompuy in Aachen war, kritisierte mit Blick auf Russland: „Niemand hat das Recht, die UN-Charta zu verletzen und in Europa neue Grenzen zu ziehen und neue Mauern zu errichten.“ Russland hatte sich im März die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim einverleibt.

In Kiew betonte der kommissarische Staatschef Alexander Turtschinow, dass der Milliardär Petro Poroschenko die Präsidentenwahl am 25. Mai mit 54,7 Prozent der Stimmen gewonnen habe. Die Stimmzettel seien „faktisch“ zu 100 Prozent ausgezählt. „Danke für das Vertrauen“, schrieb Poroschenko auf Facebook. Turtschinow ordnete an, alle Vorbereitungen für die Amtseinführung zu treffen, die spätestens am 9. Juni stattfinden muss. Er bestätigte zudem den Sieg des Ex-Boxers Vitali Klitschko bei der Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt Kiew.

An diesem Freitag will die EU bei einem Krisengipfel nach einer Lösung im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine suchen. Alle Seiten hätten einem weiteren Treffen in Berlin zugestimmt, teilte die deutsche Vertretung der EU-Kommission am Donnerstag mit. Russland beziffert die ausstehenden Zahlungen inzwischen auf 5,2 Milliarden US-Dollar (3,82 Mrd Euro). Dreht Russland den Gashahn zu, könnte dies auch den Westen treffen, weil die Ukraine wichtiges Transitland für russisches Gas ist.

In Konkurrenz zur EU gründeten Russland und die zwei autoritären Ex-Sowjetrepubliken Weißrussland und Kasachstan die Eurasische Wirtschaftsunion mit 170 Millionen Einwohnern. Es handele sich um ein neues Modell der wirtschaftlichen Zusammenarbeit im postsowjetischen Raum, sagte der kasachische Staatspräsident Nursultan Nasarbajew.