Kind verkauft und vergewaltigt Staufener Missbrauchsfall: Lange Haft für Mutter und Partner

Freiburg (dpa) - In einem der bundesweit schwersten je bekanntgewordenen Fälle von Kindesmissbrauch müssen die Mutter des Opfers und ihr Partner viele Jahre ins Gefängnis.

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Die 48 Jahre alte Frau wurde am Dienstag vor dem Landgericht Freiburg zu zwölfeinhalb Jahren Haft verurteilt - wegen Vergewaltigung, sexuellen Missbrauchs sowie Zwangsprostitution ihres Sohnes. Gegen den Lebensgefährten der Frau, einen einschlägig vorbestraften 39-Jährigen, verhängten die Richter eine Strafe von zwölf Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Damit kommt der Mann auch nach Verbüßung seiner Haftstrafe erstmal nicht frei.

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Das Paar aus dem badischen Staufen hatte den heute Zehnjährigen mehr als zwei Jahre vielfach vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen. Dafür wurde das Kind via Darknet, einem anonymen Bereich des Internet, an Männer aus dem In- und Ausland verkauft. Die beiden Verurteilten sollen insgesamt 42 500 Euro Schmerzensgeld an den Jungen sowie an ein weiteres Opfer, ein kleines Mädchen, zahlen.

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Die Frau habe vor Gericht wenig zur Aufklärung beigetragen, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin in der Urteilsbegründung. Sie habe dem Jungen die meisten Schmerzen zugefügt. Eine schlüssige Erklärung, wieso sie zur Täterin wurde, habe sie dem Gericht nicht gegeben. Von allen insgesamt acht Angeklagten in dem Missbrauchsfall habe die Frau daher die höchste Haftstrafe erhalten. Entlastend sei gewesen, dass sie nicht vorbestraft sei und dass zukünftig von ihr keine Gefahr ausgehen dürfte. Kontakt zum Jungen werde sie nicht mehr haben.

Rechtlich möglich sind in Fällen von schweren Kindesmissbrauch laut Gesetzgeber bis zu 15 Jahre Haft. Nur bei Wiederholungstätern, die entsprechend vorbestraft sind und die laut Gutachten eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellen, kann zudem Sicherungsverwahrung angeordnet werden. Für die Frau kam diese daher nicht infrage.

Die Frau ließ direkt nach der Urteilsbegründung über ihren Anwalt Matthias Wagner erklären, sie erkenne das Urteil an und werde nicht in Revision gehen. Auch die Staatsanwaltschaft und die Vertreterin der Nebenklage, die den Jungen vertritt, erklärten dies. Das Urteil gegen die Frau ist damit laut Gericht rechtskräftig.

Angeklagt waren zum Teil schwerste Sexualverbrechen an dem Jungen sowie Zwangsprostitution in jeweils etwa 60 Fällen. Den beiden Deutschen war dabei auch der Missbrauch einer Dreijährigen zur Last gelegt worden. Fast alle Taten waren gefilmt und auch im Darknet verbreitet worden. Die darauf gezeigten Taten und das Ausmaß des Falles hatten Ermittler an ihre Grenzen gebracht.

Die Anwältin des Jungen sieht bei der Mutter des Kindes keinerlei Bedauern. „Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich wenigstens abseits des Prozesses äußert oder sich schriftlich bei ihrem Kind entschuldigt und ihm wenigstens erklärt, warum sie das gemacht hat“, sagte Katja Ravat am Dienstag im Anschluss an die Urteilsverkündung vor dem Landgericht Freiburg der Deutschen Presse-Agentur.

Die 48-Jährige hatte die Taten eingeräumt, über ihre Motive aber weitgehend geschwiegen. Ihr Lebensgefährte gestand ebenfalls, sagte im Verlauf des achtwöchigen Prozesses aber ausführlich aus. Diese Kooperationsbereitschaft wirke sich strafmildernd aus, sagte Richter Bürgelin. Im Gegensatz zur Frau habe der 39-Jährige den Willen geäußert, eine Therapie zu machen. Ob in seinem Fall Revision eingelegt wird, ließen Prozessbeteiligte zunächst offen.

Im Zusammenhang mit dem Fall waren sechs weitere Sexualstraftäter festgenommen und vor Gericht gestellt worden. Sie alle wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt; zum Teil mit anschließender Sicherungsverwahrung. Das Kind lebt heute bei einer Pflegefamilie.

Auch die Behörden waren in die Kritik geraten. Sie hätten das Martyrium des Jungen möglicherweise zumindest früher beenden können. So hatte man sich vor einem Familiengericht nur auf die Mutter verlassen. Der Junge war nicht befragt worden.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung forderte erneut, den Fall auch politisch aufzuarbeiten. „Der Fall darf nicht als regionaler Einzelfall betrachtet werden. Es gab offensichtlich strukturelle Probleme im Zusammenspiel von Gerichten und Behörden, die jetzt umfassend untersucht und aufgearbeitet werden müssen“, sagte Johannes-Wilhelm Rörig laut Pressemitteilung.

Eine Aufarbeitung der Fehler auf Behördenebene läuft. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte vor einigen Tagen mitgeteilt, dass eine Arbeitsgruppe im September Vorschläge vorstellen wolle, wie Behörden und Justiz künftig besser zusammenarbeiten.