Stichwort: Stresstest-ABC
Frankfurt/Main (dpa) - Von AQR und Comprehensive Assessment - ein ABC, was bei den groß angelegten Bankentests in Europa wichtig war:
A wie Asset Quality Review (AQR): Der erste Teil der Bankentests. Bei diesem Bilanzcheck hatten sich die Aufseher vorgenommen, mindestens 160 000 Kreditakten in die Hand zu nehmen und Risikopapiere im Volumen von 3,72 Billionen Euro unter die Lupe zu nehmen.
B wie Bankenunion: Die führenden Banken in den 18 Euro-Staaten werden ab November gemeinsam überwacht. Ab 2016 greifen zudem gemeinsame Regeln zur Sanierung und - im Notfall - Schließung von Banken.
C wie Comprehensive Assessment: Die aktuellen Bankentests verknüpfen einen Krisentest (Stresstest) mit einem direkten Blick in die Bücher der Banken, das ist neu.
D wie Durchfaller: Das Wort nehmen Aufseher und Banker ungern in den Mund. Faktisch gilt: Institute, die am Ende nicht die gefordert Kapitalquote von acht Prozent vorweisen, haben die Anforderungen der Tests nicht erfüllt und müssen Kapitallöcher stopfen.
E wie EZB: Die Notenbank ist eigentlich für die Zinsen im Euroraum zuständig. Weil in der Kürze der Zeit keine neue Behörde aufgebaut werden konnte, übertrugen Europas Politiker der Europäischen Zentralbank zusätzlich die Aufgabe der zentralen Bankenaufsicht.
F wie Finanzkrise: Die Krise der Jahre 2007/2008 brachte die Finanzwelt an den Rand des Kollaps. Die Rettung maroder Banken kostete die Steuerzahler Milliarden. Das soll sich nach dem Willen der EU-Politiker nicht wiederholen. Daher die harten Tests und eine strengere Aufsicht vor allem über grenzüberschreitend tätige Banken.
G wie Großbank: Manche Banken sind so groß, dass ihr Kollaps das weltweite Finanzsystem in Schieflage bringen könnte. Diese sogenannten systemrelevanten Banken wird die EZB künftig direkt überwachen, darunter die Deutsche Bank.
H wie Heimatmarkt: Bisher waren die Aufseher in den Ländern zuständig, in denen Banken ihre Zentrale haben. Allein der Blick auf den Heimatmarkt ist jedoch zu wenig. Grenzüberschreitend tätige Banken sollen künftig von Aufsehern aus mehreren Ländern überwacht werden.
I wie Immobilien: Unter ihrer laxen Vergabe von Krediten für Bauherren und Wohnungskäufer haben vielen Banken noch heute zu knabbern. Unter anderem deshalb schauen die Prüfer bei den Tests auch darauf, ob Institute auch dann überlebensfähig sind, wenn die Immobilienpreise abstürzen.
J wie Joint Supervisory Teams: Für die Beaufsichtigung der 120 führenden Banken im Euroraum werden Teams aus EZB-Mitarbeitern und Aufsehern aus den nationalen Behörden gebildet. Für große Banken, deren Kollaps das ganze System gefährden könnte, können solche Aufsichtsgremien 50 bis 70 Experten umfassen.
K wie Kapitalquote: Banken sollen Risiken durch mehr eigenes Kapital absichern. Dazu zählen Gelder, die im Verlustfall uneingeschränkt zur Verfügung stehen wie Stammkapital der Eigentümer, eigene Aktien und einbehaltene Gewinne. Bei den Tests wird eine Quote von acht Prozent hartem Kernkapital verlangt. 100 Euro in Risikopositionen muss eine Bank also mit mindestens 8 Euro eigenem Geld abdecken.
L wie Leverage Ratio: Auch diese Verschuldungsobergrenze soll Banken sicherer machen. Dabei sollen die Geschäfte einer Bank unabhängig vom Risikogehalt pauschal ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt werden.
M wie Millionenkosten: Der Aufwand für die monatelangen Checks ist gewaltig. 2000 Aufseher und Wirtschaftsprüfer waren allein in Deutschland mit der Überprüfung der Banken beschäftigt, europaweit waren es 6000. Dazu kommen zahllose Mitarbeiter bei den einzelnen Instituten. Viele Banken berichten von Kosten im zweistelligen Millionenbereich.
N wie Nouy: Die Französin Danièle Nouy leitet die neue europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB. Die 64-Jährige war zuvor Chefin der französischen Bankenaufsicht.
O wie Oliver Wyman: Für die Konzeption und Durchführung der Bankentests hatte die EZB das US-Beratungsunternehmen Oliver Wyman angeheuert, das im Jahr 2012 einen Stresstest für die spanischen Banken durchführte.
P wie Puffer: Eigenkapital gilt als Puffer für Krisenzeiten. Seit den Erfahrungen der Finanzkrise fordern Aufseher dickere Polster.
Q wie Quote: Mancher Beobachter meint, die Tests seien nur glaubwürdig, wenn es eine bestimmte Quote von Durchfallern unter den 130 von der EZB untersuchten Instituten gebe.
R wie Rettungsfonds: In vielen Ländern gibt es Notfallprogramme für den Fall, dass Banken frisches Geld brauchen, es aber bei Investoren nicht bekommen. Umstritten ist, ob in letzter Konsequenz auch Gelder aus dem europäischen Schutzschirm ESM genutzt werden können.
S wie Stresstest: Der Krisentest soll zeigen, ob Banken auch unter widrigen Umständen ausreichend Kapital haben, um ihr Geschäft fortzuführen. Auf Verbraucher übertragen könnte der Test so aussehen: Reichen Einnahmen, Ersparnisse oder Versicherungsschutz auch dann, wenn Auto und Waschmaschine gleichzeitig kaputtgehen, der Arbeitgeber pleitegeht und man erst im nächsten Jahr einen neuen Job findet?
T wie Transparenz: Die gewaltige Datensammlung soll auch für mehr Transparenz sorgen: Welche Altlasten schlummern noch in den Bankbilanzen, wo sind die Risiken, wie groß ist der Kapitalbedarf?
U wie Unabhängigkeit: Kritiker meinen, es vertrage sich nicht, dass die EZB gleichzeitig für die Zinsen im Euroraum zuständig ist - von denen Banken abhängen - und die Banken überwacht. Sie finden, Geldpolitik und Bankenaufsicht sollten deutlicher getrennt werden.
V wie Vertrauen: Das ist das große Ziel der Aufseher. Investoren und Kunden sollen wieder Vertrauen in Europas Banken schöpfen.
W wie Wackelkandidaten: Viele Banken haben vorgesorgt, bei manchen könnte es im Test jedoch eng werden. Wackelkandidaten gibt es etwa in Griechenland, Italien, Portugal. Größtes Sorgenkind unter den deutschen Instituten im Test ist die HSH Nordbank.
X wie x-Mal: Stresstests gehören seit Jahren zum Instrumentenkasten von Bankenaufsehern weltweit. Europas Erfahrungen sind durchwachsen. Kenner finden, die USA hätten es 2009 mit ihrem ersten Test besser gemacht: Sie zwangen 10 von 19 Häuser, ihre Kapitaldecke zu stärken.
Y wie Yellow: Die EZB entwickelte ein Ampelsystem für die Rückmeldung an die Banken über die Güte der gemeldeten Daten. Gelb (englisch: „yellow“ - bei Ampeln streng genommen und so auch in der EZB-Terminologie: „amber“) signalisierte Klärungsbedarf.
Z wie Zeitplan: Gerade mal etwa ein Jahr hatte die EZB, um die neue Mammutbehörde für die Bankenaufsicht mit etwa 1000 Mitarbeitern aufzubauen. Parallel lief die aufwendigste Überprüfung, der sich die Banken im Euroraum bislang stellen mussten.