Erstarkte FPÖ Straches Weg: Vom rechten Rand auf die Regierungsbank?
Wien (dpa) - Zu Beginn seiner Zeit als Parteichef waren die Rechtspopulisten in Österreich in ihrer größten Krise. Die FPÖ-Galionsfigur Jörg Haider hatte 2005 mit dem „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) eine eigene Partei gegründet.
Sein politischer Ziehsohn Heinz-Christian Strache stand vor einem Scherbenhaufen. Die FPÖ lag bei wenigen Prozent Zustimmung. Der nun 48-jährige Strache sonnte sich schon in den vergangenen Jahren darin, die „Blauen“, so die Parteifarbe der FPÖ, zumindest zur größten Oppositionspartei gemacht zu haben. Dazu hat er seinen eigenen Stil und den seiner Partei geändert. Die Spitze der FPÖ ist etwas moderater im Ton geworden und lebt nun nicht mehr allein von Protest-, sondern auch Stammwählern - die Partei hat bei der Parlamentswahl deutlich zugelegt.
Vergessen scheinen die Kontroversen um Straches Vergangenheit am äußersten rechten Rand. Als Jugendlicher trat er einer schlagenden, deutschnationalen Burschenschaft bei. Strache focht dort Auseinandersetzungen nach alter Tradition mit stumpfen Waffen aus. Er selbst bezeichnete sich als „Suchenden“ nach einer Vaterfigur. Sein Vater hatte die Familie des Einzelkinds bald verlassen. Im Laufe der Jahre folgten Zeltlager mit Neonazis oder paramilitärische Wehrsportübungen im Wald, die Strache als harmlose „Paintballspiele“ bezeichnet.
Ein Bild soll ihn mit dem Kühnen-Gruß, einer Abwandlung des verbotenen Hitlergrußes mit drei abgespreizten Fingern, zeigen. Strache rechtfertigte sich, er habe nur drei Bier bestellt. Bei Thomas Bernhards „Heldenplatz“-Premiere 1988 im Wiener Burgtheater demonstrierte Strache lauthals auf den Rängen. Viele Österreicher waren empört, dass Bernhard mit dem Stück das Land in die Nazi-Ecke gestellt hatte.
Strache nennt die Zeit heute einen Lernprozess. Damals habe er herausgefunden, was richtig und was falsch sei. Aber: „Ich war nie ein Neonazi und ich bin kein Neonazi.“ Antisemitische Untertöne in der Partei sind heute offiziell verboten. Der zweifache Vater selbst war mehrfach auf Polit-Tour in Israel. Die Migration und die angebliche Bedrohung durch den Islamismus sind nun die Hauptthemen.
Seine Botschaften bringt „HC“, so sein Spitzname, vor allem über das Internet an. Seit Jahren setzt der starke Raucher, lange vor seinen politischen Mitstreitern, auf Facebook. Die Partei hat sich ein kleines Medienimperium samt eigenem „FPÖ-TV“ aufgebaut. In sozialen Medien ist der Auftritt finessenreicher geworden. Noch 2012 postete Strache eine antisemitische Karikatur, die für Aufregung sorgte. Ein dicker Banker wird darin mit Hakennase und Davidstern auf den Manschettenknöpfen von einem Regierungsbeamten gefüttert, während eine magere Gestalt als Volk hungern muss.
Heute setzt Strache, der im Vorjahr zum zweiten Mal heiratete, auf professionell gedrehte Videos mit Witz und Ironie - und das mit größtem Klick-Erfolg. So will die FPÖ einen Weg vorbei an den klassischen Medien finden. Die haben die Partei nach Ansicht der FPÖ oft unfair behandelt. Plumpe fremdenfeindliche Slogans, wie etwa noch im Wien-Wahlkampf 2010 mit „Daham statt Islam“, gehören meist der Vergangenheit an.
Mit Anfang 20 hatte Strache seinen Weg zur FPÖ gefunden. Er lernte den Umgang mit dem Bürger auf der Straße von der Picke auf. Er fühlt sich wohl in Bierzelten und weiß, wie man Stimmung macht. Er gibt sich gern als Retter des „kleinen Mannes“. Berührungsängste kannte er nie. Seinen Platz in der Partei musste er sich trotzdem erst erkämpfen: Nach Aussagen von Wegbegleitern war er vielen in der Partei zunächst zu unintellektuell und zu weit rechts gewesen.