Strafrechtler: Terrorschutz-Gesetze nicht abschreckend
Berlin (dpa) - Das verschärfte Staatsschutzstrafrecht ist aus Sicht des Berliner Strafrechtlers Tobias Singelnstein nicht sinnvoll zum Schutz vor Terror.
Es gehe hier um das Sanktionieren von Taten, die noch weit in der Zukunft liegen, sagte der Juniorprofessor an der Freien Universität Berlin in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Ich glaube auch nicht, dass es irgendjemanden abschreckt.“ Außerdem lasse es den Behörden zu viel Ermessensspielraum.
Gegen die am Donnerstag in Berlin festgenommenen mutmaßlichen Terroristen wird auf der Grundlage des Paragrafen 89 a des Strafgesetzbuches ermittelt, der 2009 neu geschaffen wurde. Danach ist auch die Vorbereitung eines Terroranschlags strafbar. „Ich halte das für den falschen Weg“, sagte Singelnstein. Die beiden Männer arabischer Herkunft sollen sich für den Bau einer Bombe Chemikalien besorgt haben. Vermutlich wollten sie einen Sprengsatz aus Kältepackungen und einer Säure herstellen.
Singelnstein hält wenig von den verschärften Gesetzen: „Das sind gesellschaftliche Probleme, die lassen sich nicht mit dem Strafrecht in den Griff bekommen.“ Für die Gefahrenabwehr beziehungsweise -Vorsorge sei das Strafrecht zudem nicht gemacht.
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dagegen sieht die Festnahme als Erfolg, der auch dem neuen Paragrafen 89 a zu verdanken ist. Die Polizei müsse nicht erst abwarten, „bis die Gefahren unmittelbar bevorstehen und es eventuell zu spät ist“, hatte Körting gesagt. Die neue gesetzliche Regelung hatte die große Koalition von CDU/CSU und SPD im Bundestag gegen FDP, Grüne und Linke durchgesetzt.
Nach dem Paragrafen 89 a ist auch die Vorbereitung eines Terroranschlags strafbar. Wer sich in einem Terrorcamp ausbilden lässt, Waffen und gefährliche Stoffe herstellt oder verwahrt oder Anleitungen zum Bau von Sprengstoff verbreitet, kann mit Gefängnis zwischen sechs Monaten und zehn Jahren bestraft werden.