Sanktionen im Überblick Streit um den Rechtsstaat: Was die EU tun kann
Brüssel (dpa) - Wenn Brüssel in einem EU-Land wie nun in Polen den Rechtsstaat in Gefahr sieht, gibt es drei mögliche Verfahren. Ein Überblick:
VERTRAGSVERLETZUNGSVERFAHREN: Der „Klassiker“ und auch bei weniger schweren mutmaßlichen Rechtsverstößen häufig genutzt. Die EU-Kommission verlangt genauere Informationen von der zuständigen Regierung und setzt dafür eine Frist. Ist sie mit der Antwort unzufrieden, kann sie das Land zum Handeln auffordern. Geschieht dies nicht, kann sie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen. Wenn sich das Land nicht an ein Urteil hält, kann der EuGH auch Geldstrafen verhängen.
ARTIKEL 7: Bei „schwerwiegender und anhaltender Verletzung“ von Werten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, greift Artikel 7 des EU-Vertrags. Ein Drittel der Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament oder die EU-Kommission können solch ein Verfahren auslösen. Als schwerste Sanktion ist eine Aussetzung der Stimmrechte des Mitgliedstaates vorgesehen. Damit es jedoch zu diesem Schritt kommen kann, müssen vorher die Staats- und Regierungschefs der übrigen EU-Staaten einstimmig feststellen, dass tatsächlich ein „schwerwiegender und anhaltender“ Verstoß vorliegt.
RECHTSSTAATLICHKEITSVERFAHREN DER EU-KOMMISSION: Ein solches Verfahren läuft seit Anfang 2016 gegen Polen. Bei Hinweisen auf Probleme prüft die EU-Kommission, ob es klare Anzeichen für eine systembedingte Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit gibt. Wenn sie zu dem Ergebnis kommt, dass dies der Fall ist, kann sie eine „Stellungnahme zur Rechtsstaatlichkeit“ abgeben. Der EU-Staat kann reagieren. Ist die EU-Kommission mit der Reaktion unzufrieden, kann sie eine Frist zur Lösung der Probleme setzen. Wenn das Land nicht einlenkt, wäre der nächste Schritt ein Verfahren nach Artikel 7.