S&P-Chef: Deutsche Rezepte nicht auf EU übertragbar
Berlin (dpa) - In der Schuldenkrise warnt der Deutschland-Chef der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) davor, für Deutschland erfolgreiche Maßnahmen eins zu eins auf den Rest der EU zu übertragen.
Die Prinzipien der schwäbischen Hausfrau funktionierten hierzulande sehr gut, aber es gelte eben nicht pauschal: „Was für Deutschland gut ist, ist für Europa erst recht gut“, sagte Torsten Hinrichs dem Magazin „Stern“.
Er kritisierte eine zu starke Konzentration auf Fiskalpakt und Konsolidierungspolitik. „In der ganzen Diskussion kommen Wachstumsimpulse zu kurz - sparen allein reicht nicht.“ Diese Einschätzung hatte S&P bereits in der Begründung für die Herabstufung der Bonität von neun EU-Ländern, darunter auch Frankreich, im Januar mitgeteilt.
Gleichzeitig stellte Hinrichs die hohen Zinssätze europäischer Krisenländer infrage. Diese seien inzwischen viel höher als die Fundamentaldaten nahelegten. Auch die Zinsunterschiede zwischen Deutschland und den Krisenländern seien viel größer als die Differenzen im Rating. Niedrige Zinssätze für Länderanleihen seien deswegen „von den Daten her gerechtfertigt“.
Hinrichs verteidigte seine Branche auch gegen Kritik, die Agenturen würden eine „angloamerikanische Interessenpolitik“ betreiben. „Das sind Verschwörungstheorien, die durch Wiederholung nicht wahrer werden“, sagte er. „Wir sind völlig apolitisch.“