Trauer um Karlheinz Böhm

München (dpa) - Karlheinz Böhm, Schauspieler und Gründer der Hilfsorganisation „Menschen für Menschen“, ist tot. Er starb am Donnerstagabend im Alter von 86 Jahren im Kreis seiner Familie an seinem Wohnort in Grödig bei Salzburg, wie die Stiftung am Freitag mitteilte.

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Der Schauspieler war als Kaiser Franz Joseph in den „Sissi“-Filmen an der Seite von Romy Schneider berühmt geworden. Dann wechselte er die Rolle: Mit seiner Äthiopienstiftung setzte er sich seit den 1980er Jahren für die Menschen in dem afrikanischen Land ein. Böhm, der österreichischer Staatsbürger war und die äthiopische Ehrenbürgerschaft hatte, war seit längerer Zeit krank. Seit 2011 trat er nicht mehr in der Öffentlichkeit auf.

„Mit Karlheinz Böhm verliert die Welt einen mutigen Visionär und unerbittlichen Kämpfer für Gerechtigkeit“, erklärte „Menschen für Menschen“ am Freitag in München. Böhms äthiopische Frau Almaz führte die Stiftung seit 2011. Im vergangenen Dezember gab sie den hauptamtlichen Vorstandsvorsitz ab, um sich um ihren schwer kranken Mann zu kümmern. Almaz Böhm war Böhms vierte Frau. Die beiden gemeinsamen Kinder Nicolas und Aida sind erwachsen. Insgesamt hat Böhm sieben Kinder aus verschiedenen Ehen.

„Ich bin froh für meinen Vater, dass er nun seinen Frieden gefunden hat nach dieser schweren letzten Zeit“, sagte sein ältester Sohn Michael Böhm (54) der „Passauer Neuen Presse“. „Die Menschen in Äthiopien haben meinen Vater immer „Vater Karl“ genannt, und jetzt ist er ausgerechnet am Vatertag gestorben. Das ist für mich ein Zeichen.“ Zu den näheren Todesumständen äußerte er sich nicht.

Als Schauspieler hatte Böhm eine steile Karriere gemacht und wurde in den 1950er Jahren als österreichischer „Märchenkaiser“ Franz Joseph in den „Sissi“-Filmen bekannt. Doch diese Rolle hängte er für Äthiopien an den Nagel.

Den Rollenwechsel vom Filmidol der Wirtschaftswunderjahre zum Kämpfer gegen die Armut brachte eine TV-Wette. Aufgewühlt durch Berichte über die Sahelzone wettete Böhm in Frank Elstners „Wetten, dass..?“-Sendung im Mai 1981, dass nicht jeder Zuschauer eine Mark, einen Franken oder sieben Schilling für die notleidenden Menschen spenden würde. Es kam ein Millionen-Betrag zusammen - der Grundstein für die Gründung von „Menschen für Menschen“ wenige Monate später.

Elstner sagte am Freitag, er erinnere sich an diese Ausgabe, „als wenn es gestern gewesen wäre“. Böhms Auftritt habe ihn zuerst irritiert. „Als er es aber mit unglaublich großer Leidenschaft machte, habe ich den Mund gehalten. Die Wette, aus der die Aktion „Menschen für Menschen“ entstand, ist die wichtigste Wette, die jemals in meiner Show stattfand.“

Seitdem hat „Menschen für Menschen“ gemeinsam mit der Bevölkerung rund 360 Schulen, mehr als 80 Gesundheitsstationen, drei Krankenhäuser und 14 kleinere Kliniken sowie Hunderte Wasserstellen gebaut. Land wurde wieder nutzbar gemacht; Mikrokredite ermöglichten Frauen erstmals Selbstständigkeit. Ein integriertes Programm von landwirtschaftlichen Schulungen bis zur Familienplanung setzt auf Hilfe zur Selbsthilfe. Millionen Menschen haben davon profitiert. Aus mehreren Projektgebieten konnte sich die Stiftung zurückziehen - die Menschen dort haben bescheidene Existenzen aufgebaut.

Von vielen Seiten kamen Trauerbekundungen und Anteilnahme. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, Böhm habe gezeigt, dass jeder Einzelne etwas gegen das Elend in der Welt tun könne. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) nannte Böhm ein „Vorbild in Sachen Menschlichkeit, Solidarität und Verantwortungsbewusstsein“. Die Vorsitzende des Forums Eine Welt und Ex-Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) sagte: „Er war ein wunderbarer Mensch. Er wird uns unendlich fehlen.“

Der Gründer der Hilfsorganisation Cap Anamur, Rupert Neudeck, nannte Böhm im Deutschlandradio Kultur einen „unbestechlichen Humanitären“. „Wenn wir das beherzigt hätten, was Karlheinz Böhm mehrmals immer wieder bei seinen Auftritten gesagt hätte, dann ständen wir im Moment zu Beispiel nicht im Südsudan in einer Katastrophe, weil da wieder so viele Waffen in ein Land gekommen sind.“ Der äthiopische Schriftsteller und Wissenschaftler Solomon Gomes würdige Böhm als großen Humanisten. „Er hat Äthiopien mit seiner Organisation geholfen, als kein anderes Land bereit war zu helfen.“

Ob und wann es eine offizielle Trauerfeier geben soll, war zunächst ebenso unbekannt wie der Friedhof, auf dem Böhm beerdigt werden soll.