Trübe Aussichten: Olympia hat Russlands Wirtschaft kaum bewegt
Sotschi (dpa) - Beleben sollte Russlands größte Baustelle im Süden des Landes zwischen Schwarzmeerküste und Kaukasusbergen die Wirtschaft im Riesenreich. Die in sieben Jahren aus dem Boden gestampften Olympia-Anlagen in Sotschi glänzen nun zwar in der Sonne der Subtropen.
Doch von den teuersten Spielen der Olympia-Geschichte, die 37,5 Milliarden Euro kosteten, profitierten die Reichsten der Reichen, viele davon Freunde von Kremlchef Wladimir Putin.
Vor allem die ausufernde Korruption und die von Menschenrechtlern dokumentierte Ausbeutung von Gastarbeitern warfen Schatten auf das Schwellenland. Eigentlich ist Russland dringend auf Investoren angewiesen, um seine Wirtschaft zu entwickeln. Die neue Modellstadt Sotschi sollte die Visitenkarte für ein modernes Russland werden. Vor allem auf den Tourismus setzt der Schwarzmeerkurort. Doch statt Lichtblicken sehen viele Experten eher trübe Aussichten.
„Während sich die Weltwirtschaft insgesamt erholt, droht Russland den Anschluss zu verlieren. Das Reformtempo ist nicht hoch genug“, kritisierte der Chef des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, unlängst. „Sotschi wird als ein soziales und wirtschaftliches Desaster enden“, meinte die Expertin Lilija Schewzowa vom Moskauer Carnegie Center in einer Sotschi-Analyse.
Die Olympia-Stadt sei heute ein Symbol für Gigantismus und Verschwendungssucht, Gier und Ineffizienz, schrieb die Expertin. Als Putin mit dem Projekt begonnen habe, sei das Land aufstrebend gewesen, heute wirtschaftlich im freien Fall. Vor allem den Oligarchen, Staatskonzernen und Funktionären habe Sotschi 2014 viel Geld gebracht, sagt der Anti-Korruptions-Experte Alexej Nawalny.
Bei mindestens zehn Olympia-Objekten lägen die Kosten anderthalb bis zweieinhalb Mal so hoch wie angesetzt, schrieb er auf seiner neuen Internetseite. Nach Darstellung von Nawalny kostete allein das Stadion Fischt für die Eröffnungszeremonie zweieinhalb Mal so viel wie international üblich - rund 500 Millionen Euro.
Präsident Putin, Regierungschef Dmitri Medwedew und andere Funktionäre hatten Korruptionsvorwürfe bei Olympia mehrfach zurückgewiesen und Beweise gefordert. Allerdings kritisieren Regierungsgegner, dass es keine unabhängigen Prüfstellen oder Quellen gebe. Transparenz Fehlanzeige. Sie beklagen „maßlose Verschwendung“ öffentlicher Gelder, die dringend nötig seien etwa für Schulen.
Auch deutsche Unternehmen stellten zahlreiche Probleme fest: zu viel Bürokratie und den Mangel an Fachkräften etwa. „Sotschi hat sich für die deutsche Wirtschaft trotz aller Schwierigkeiten gelohnt“, meinte Michael Harms, Vorstandschef der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK), in Moskau. Der AHK zufolge waren und sind etwa 100 deutsche Unternehmen an Sotschi 2014 beteiligt.
Unter den Mittelständlern seien auch Tief- und Hochbaufirmen, Sicherheits- und Logistikunternehmen sowie Hotelausstatter gewesen. Ihr Auftragsvolumen addiert sich auf mehr als 1,5 Milliarden Euro, wie die Kammer mitteilte. Die deutsche Wirtschaft hofft auf bessere Zeiten besonders auch mit Blick auf die Fußballweltmeisterschaft in Russland 2018. Bis dahin will das größte Land der Erde zu den 20 erfolgreichsten Wirtschaftsstandorten der Welt gehören.