Sotschi: Höfl-Riesch trägt deutsche Fahne bei Olympia-Eröffnung
Sotschi (dpa) - Der erhoffte Anruf kam kurz vorm Einschlafen. Alpin-Ass Maria Höfl-Riesch darf die deutsche Mannschaft am Freitag bei der Eröffnungsfeier der XXII. Winterspiele in Sotschi als Fahnenträgerin ins Olympiastadion „Fischt“ führen.
„Für sowas nimmt man auch nach Zehn gerne das Handy in die Hand“, erzählte die Doppel-Olympiasiegerin aus Partenkirchenerin am Donnerstag mit einem strahlenden Lächeln über den Anruf von Chef de Mission Michael Vesper zu später Stunde. „Es ist einfach unglaublich, vorne weg marschieren zu dürfen. Da geht ein ganz großer Traum in Erfüllung.“
Nur weil sie nicht wusste, wie sie ihr russisches Handy auf lautlos schalten konnte, ging sie überhaupt noch an ihr Telefon. Optisch ist die 29-Jährige für die ehrenvolle Aufgabe vor einem Millionen-Publikum bestens vorbereitet: Höfl-Riesch hat sich die Fingernägel mit den deutschen Farben Schwarz, Rot, Gold und den olympischen Ringen bemalt.
Für die deutsche Teamleitung war die vieldiskutierte Fahnenträger-Kür schon länger eine klare Sache. „Sie war von Beginn an Favoritin“, berichtete Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). „Es ist eine erste Wahl mit Stern.“ Zwei Wochen haben sich die DOSB-Oberen mit dem Thema beschäftigt, bis in Sotschi einstimmig die endgültige Entscheidung fiel. „Wir hatten zwölf Personen in der engeren Auswahl“, erklärte Hörmann.
Auch Claudia Pechstein habe zu den Kandidatinnen gehört. Mit fünf Olympiasiegen ist sie Deutschlands erfolgreichste Sportlerin bei Winterspielen. Nach dem Wirbel um ihre Sperre wegen erhöhter Blutwerte, die sie auf eine vererbte Anomalie zurückführt, hätte ihre Kür wohl für viel Unruhe gesorgt.
Die 41-jährige Eisschnellläuferin reagierte ohne Animositäten auf die DOSB-Entscheidung. „Ich habe schon vorher gesagt, dass der DOSB eine würdige Fahnenträgerin finden wird“, sagte die 41-Jährige. „Genau das ist jetzt geschehen. Ich freue mich sehr für Maria und wünsche ihr eine tolle Eröffnungsfeier.
DOSB-Präsident Hörmann hatte vorsorglich versichert, dass es keine „Vorfestlegung“ gebe: „Wir werden in Sotschi nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden. Und da ist Claudia Pechstein wie jeder andere Athlet sachgerecht zu besprechen.“ Sie habe es „absolut positiv“, „mit großer Zustimmung“ und „ohne jegliche Form von Enttäuschung“ zur Kenntnis gekommen, betonte Hörmann.
Knapp drei Stunden vor der Verkündung hatte Höfl-Riesch noch den ersten Schussfahrt-Test bei Olympia absolviert. „Ich habe mehrere Chancen, wäre aber schon zufrieden, wenn ich eine Medaille gewinnen würde“, meinte sie und düste nach dem Abfahrtstraining „ganz schön hungrig“ zum „Nachmittagsprogramm“ ab. Die Weltmeisterin in der Super-Kombination hat keine Bedenken, dass der Einmarsch mit der Fahne zu strapaziös sein könnte vor dem ersten Rennen am Montag: „Die Belastung auf der Piste ist wesentlich härter.“
Nach Hilde Gerg vor zwölf Jahren in Salt Lake City ist Höfl-Riesch die zweite Alpine, der diese ehrenvolle Aufgabe zukommt. „Ich bin sicher, das ganze Team wird sich gerne hinter ihr und der Fahne versammeln“, sagte Vesper zur Wahl „aus vollem Herzen“. Es gehe nicht nur um Kriterien wie Erfolg und Verfügbarkeit. „Vor allem möchten wir unser Bild als Mannschaft in die Menschen in Deutschland bringen.“ 2010 in Vancouver hatte Bobpilot André Lange die deutsche Fahne getragen, bei den Sommerspielen 2012 in London Hockeyspielerin Natascha Keller.
Neben Pechstein gehörten auch die zweimaligen Olympiasiegerinnen Andrea Henkel und Evi Sachenbacher-Stehle, die beide im Biathlon starten werden, zum engsten Favoritenkreis. Henkel hatte bereits am Donnerstagmorgen öffentlich ihren Verzicht erklärt. Der Zeitaufwand, vom weit entfernten Biathlon-Zentrum in den Olympia-Park an der Küste zu gelangen, sei zu groß. „Da musste ich mich im Sinne der Wettkämpfe, für die ich vier Jahre trainiert habe, von der Wahl zurück ziehen“, schrieb die 36-Jährige auf ihrer Facebook-Seite.