„Einfach Urlaub“ Türkei-Touristen unbeeindruckt von Gabriels Warnung

Stuttgart (dpa) - Droht jetzt Urlaubern eine Festnahme in der Türkei? Diese Frage mag vielen Menschen spätestens seit der Verhaftung des deutschen Menschenrechtlers Peter Steudtner und den verschärften Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes für die Türkei durch den Kopf gehen.

Auf dem Stuttgarter Flughafen zeigen sich Türkeireisende am Freitag jedoch unbeeindruckt. Sie checken für einen Flug in die Türkei ein. Am Turkish-Airlines-Schalter reichen die Schlangen an diesem Morgen bis zum Ende des Terminals.

Wartende in luftigen Kleidern und Flip-Flops freuen sich auf die bevorstehende Reise nach Istanbul. Vor dem Abflug in den Urlauberort Antalya ist von Anspannung wenig zu spüren. „Mich interessiert die politische Lage nicht, ich will einfach nur Urlaub machen“, meint eine Frau. Reiseveranstalter machen sich jedoch Sorgen, dass die Zahl der Türkei-Buchungen sinken könnte.

Ein Mann Ende 20, der mit seiner Freundin nach Antalya fliegt, war schon öfter in der Türkei - er habe sich jedes Mal wohlgefühlt, erzählt er. Erst vor vier Wochen habe er gebucht und bewusst die Türkei als Urlaubsziel ausgesucht. „Die Menschen sind gastfreundlich, das Wetter ist gut, und der Preis stimmt.“ Sarah Aygül (26) macht sich keine Sorgen, dass ihr im Urlaub etwas zustoßen könnte. „Es kann heute ja überall etwas passieren“, sagt sie.

Wenn sich Menschen fürchten, dann vor Anschlägen - das ist immer wieder zu hören. Die Türkei wurde seit 2015 wiederholt vom Terror heimgesucht. Nachdem im Rekordjahr 2015 noch fast 5,6 Millionen Deutsche in das Land am Bosporus gereist waren, sind die Buchungen 2016 auf rund 3,9 Millionen zurückgegangen. Wie der Deutsche Reiseverband (DRV) mitteilt, verlaufen die Buchungen 2017 bisher ähnlich wie im Vorjahr. Dem DRV zufolge haben Last-Minute-Reisen in die Türkei aber in den vergangenen zwei Monaten wieder zugenommen.

Mit den verschärften Reisehinweisen will Gabriel eine härtere Linie im bilateralen Verhältnis fahren. Infolge der umstrittenen Festnahme Steudtners am Dienstag warnt der Minister, „dass deutsche Staatsbürger in der Türkei vor willkürlichen Verhaftungen nicht mehr sicher sind“. Die türkische Staatsanwaltschaft wirft Steudtner vor, eine „bewaffnete Terrororganisation“ zu unterstützen.

Der Deutsche Reiseverband in Berlin schließt nicht aus, dass die Zahl der Türkei-Reisen wieder sinken könnte. Sicherheitsbedenken und politische Großwetterlagen beeinflussten durchaus das Urlaubsverhalten, räumt eine Sprecherin ein.

Den Deutsch-Türken Satilmis Kocaman (60) hält die gespannte Lage nicht ab, zu einer Hochzeit in die Türkei zu fliegen. „Das ist mein Land. Alles andere sollen die Politiker unter sich klären“, sagt er. Seit Recep Tayyip Erdogan an der Macht sei, fühle er sich viel wohler in der Türkei, meint er - trotz der wachsenden internationalen Kritik am Staatspräsidenten.