Umfrage: SPD-Landesverbände stellen vor Konvent Bedingungen
Berlin (dpa) - Vor der Entscheidung des SPD-Parteikonvents über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zeigt sich ein Großteil der Landesverbände der Sozialdemokraten skeptisch.
Viele wollen nur zustimmen, wenn sich abzeichnet, dass die SPD eigene Anliegen in den Verhandlungen durchsetzen kann, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa am Freitag ergab. Ein Stimmungsbild:
NORDRHEIN-WESTFALEN kommt als größtem Landesverband eine besondere Bedeutung zu. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft war lange gegen die große Koalition, stimmte als Mitglied der Sondierungskommission den Verhandlungen aber schließlich zu. Im Land wird damit gerechnet, dass die SPD-Basis der Parteivorsitzenden folgt. Fraktionschef Norbert Römer mahnte allerdings: „Am Ende muss es ein Ergebnis geben, dem SPD-Mitglieder zustimmen können.“
In BADEN-WÜRTTEMBERG zeigt sich Landeschef Nils Schmid ebenfalls offen für ein Bündnis - vorausgesetzt, die SPD kann wichtige Punkte wie Steuererhöhungen durchsetzen. Ob der Landesverband den Verhandlungen zustimmt, entscheidet sich am Samstag bei einem Landesparteitag. Dort sollen „rote Linien“ beschlossen werden.
Auch der NIEDERSÄCHSISCHE Parteirat will sich am Samstag positionieren. Noch sei keine Entscheidung gefallen, sagte Ministerpräsident und SPD-Chef Stephan Weil. „Es ist kein Geheimnis, dass in der SPD-Mitgliedschaft bezüglich einer großen Koalition eine Skepsis vorherrscht.“
Der Landesvorsitzenden SACHSEN-ANHALTS Katrin Budde zufolge gibt es eine Absprache der ostdeutschen Politiker, dass ihre Themen auf keinen Fall zu kurz kommen dürfen. Man wolle die soziale Einheit von Ost und West. „Das heißt ganz klar, dass die Renten Ost-West angeglichen werden.“ Zudem sei ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro wichtig.
Der mehrheitlich linke BERLINER Landesverband legt sich im Vorfeld des Konvents nicht fest. „Das werden wir von dem Bericht der Verhandlungskommission am Sonntag abhängig machen“, erklärte SPD-Chef Jan Stöß. Mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Teilhabe seien entscheidend.
„Ich bin gespannt, welches Angebot unsere Verhandlungsführer unterbreiten“, teilte auch SACHSENS SPD-Chef Martin Dulig mit. Zum Abstimmungsverhalten der Sachsen lasse sich noch nichts sagen. Ebenso sieht es in HAMBURG aus.
Positive Signale kommen aus BRANDENBURG: „Wir haben den Eindruck, dass es Sinn macht, mit der Union Koalitionsverhandlungen aufzunehmen“, sagte SPD-Landesgeschäftsführerin Klara Geywitz. Eine entsprechende Vorlage des Parteivorstandes werde erwartet.
Auch HESSENS SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel befürwortet auf Bundesebene Verhandlungen mit der CDU und wird nach Angaben eines Sprechers zustimmen. Über die übrigen Delegierten könne der Landesverband keine Auskunft geben.
Koalitionsverhandlungen aufzunehmen sei noch kein Vorentscheid über ein Regierungsbündnis, betonte der BREMER SPD-Vorsitzende Andreas Bovenschulte. Ob Länder und Kommunen mehr Geld zum Beispiel für Bildung bekommen, halte er für einen entscheidenden Punkt. „Sonst kann ich mir nicht vorstellen, dass die Bremer SPD zustimmt.“
Der BAYERISCHE SPD-Landtagsfraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher mahnte ebenfalls: „Die Mitglieder werden nicht ohne weiteres einen Koalitionsvertrag abnicken, wenn nicht eine deutliche sozialdemokratische Handschrift vorhanden ist.“
Weit entfernt von einem „unterschriftsreifen Koalitionsvertrag“ sieht man sich auch in RHEINLAND-PFALZ laut einer Mitteilung des dortigen SPD-Generalsekretärs Jens Guth.