Verbraucher in Bestlaune schieben Konjunktur an
München/Wiesbaden (dpa) - Die Verbraucher sind in Kauflaune wie seit Jahren nicht mehr und die Unternehmen überraschend positiv gestimmt - nach der Eiszeit zu Jahresbeginn keimt neue Hoffnung auf einen Konjunkturaufschwung in Deutschland.
Das Konsumbarometer des Marktforschungsunternehmens GfK stieg im Mai auf den höchsten Stand seit fast sechs Jahren. Auch das vom Münchner Ifo-Institut ermittelte Geschäftsklima hat sich unterwartet aufgehellt. Dank der Konsumfreude der Deutschen ist die Wirtschaft trotz der anhaltenden Talfahrt im Euroraum im ersten Quartal knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt.
„Eine auf hohem Niveau befindliche Beschäftigung, gute Tarifabschlüsse sowie eine sinkende Inflation stützen die Stimmung“, erklärte GfK-Experte Rolf Bürkl die kräftig gestiegene Kauflust der Bundesbürger. Der Konsumklimaindex für Juni kletterte dadurch auf 6,5 Punkte, nach 6,2 Zählern im Mai. Dies ist der höchste Wert seit
September 2007.
Wegen der aktuell extrem niedrigen Zinsen sparen die Deutschen derzeit so wenig wie nie. Die Aussicht auf höhere Löhne und Gehälter habe der Kauflaune ebenfalls Auftrieb gegeben. Auch der zuletzt starke Rückgang der Inflation trug zum guten Konsumklima bei, wie die Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit rund 2000 Befragten ergab.
Ohne die extrem gute Kauflaune der Verbraucher hätte die deutsche Wirtschaft im ersten Vierteljahr kein Plus geschafft - der Außenhandel als traditioneller Konjunkturmotor stotterte und auch die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Auch am Bau tat sich wegen des schlechten Wetters wenig. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg preis-, saison- und kalenderbereinigt nur um 0,1 Prozent im Vergleich zum Schlussquartal 2012 - das Statistische Bundesamt bestätigte damit erste Schätzungen. Im Quartal zuvor war das BIP sogar um 0,7 Prozent geschrumpft. Sinkt die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge, sprechen Volkswirte gemeinhin von einer Rezession. Darin steckt der Euroraum schon seit eineinhalb Jahren.
Deshalb überraschte die Aufhellung der Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen im Mai die Experten umso mehr. Nach zwei Rückgängen in Folge erhöhte sich der Geschäftsklimaindex von 104,4 Punkten im Vormonat auf 105,7 Punkte. Experten hatten mit einer Stagnation des wichtigsten Frühindikators der deutschen Wirtschaft gerechnet. Die rund 7000 vom Ifo Institut befragten Unternehmen zeigten sich mit ihrer aktuellen Geschäftslage deutlich zufriedener als im April.
Anziehende Auftragseingänge hätten die Stimmung spürbar verbessert, sagte Ifo-Konjunkturexperte Gernot Nerb der Nachrichtenagentur dpa. Sowohl im Maschinenbau, Deutschlands Schlüsselindustrie, als auch bei elektrotechnischen Investitionsgütern und in der Chemieindustrie profitierten die Firmen von einer lebhaften Nachfrage. Einzig die Stahlbranche leide weiter unter Überkapazitäten und Preisdruck. „Die deutsche Konjunktur behauptet sich in einem schwierigen europäischen Umfeld“, erklärte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen.
Beim Export musste der Maschinenbaus im ersten Quartal zum Vorjahreszeitraum wegen der flauen Weltkonjunktur noch ein dickes Minus von 5,8 Prozent einstecken, wie der Branchenverband VDMA berichtete. Es gebe jedoch Signale aus den Auslandsmärkten, die auf eine zaghafte Belebung des Geschäfts im Jahresverlauf hindeuteten.
An den Finanzmärkten trieb die Stimmungsaufhellung nur kurzzeitig die Kurse nach oben. Die Verunsicherung über den weiteren wirtschaftlichen Fortgang sei noch zu groß, erklärten Experten. Die Bundesbank rechnet aber für das zweite Quartal 2013 „mit einer spürbaren gesamtwirtschaftlichen Belebung“. Bei Bauinvestitionen sei nach dem langen Winter einiges nachzuholen, zudem hätten die Aufträge für die Industrie spürbar angezogen, schrieb die Notenbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. Die Bundesregierung ging zuletzt davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,5 Prozent wächst. Im vergangenen Jahr hatte das BIP um 0,7 Prozent zugelegt.