Weiter viele Fragen zu Todesflug MH17

Moskau (dpa) - Mit Nachdruck fordern Angehörige und Hinterbliebene der Opfer eine Bestrafung der Schuldigen. Zwar können die Trauernden nun endlich Abschied nehmen von ihren Lieben, doch die schwierige Suche nach dem Täter geht weiter.

Fragen und Antworten zur Lage:

Was passiert jetzt mit den Opfern des Absturzes? Sind alle geborgen?

Die Bergungsarbeiten an der Absturzstelle sind abgeschlossen. Rettungskräfte hätten 282 Leichen sowie 87 Leichenteile der übrigen 16 Opfer gefunden, sagt der ukrainische Vizeregierungschef Wladimir Groisman. Alle diese Funde sind seinen Angaben auch mit einem Zug nach Charkow gebracht worden. Von dort sollen sie in die Niederlande geflogen und identifiziert werden. Danach werden sie in die jeweiligen Heimatländer gebracht. Vier der 298 Opfer sind Deutsche.

Gibt es neue Erkenntnisse zum Hergang des Absturzes und Reaktionen der Ukraine auf russische Satellitenaufnahmen vom Tattag?

Die von Moskau in seltener Offenheit präsentierten Satellitenbilder werfen Fragen an die ukrainische Armee auf, hinterlassen in Kiew aber keinerlei Eindruck. Dort geht man weiter davon aus, dass Separatisten die Maschine abgeschossen haben. Die ukrainische Führung spricht von handfesten Beweisen, hat bisher aber nichts vorgelegt. Russland fordert nun die USA auf, ihre Erkenntnisse über den mutmaßlichen Abschuss zu veröffentlichen. Offiziell haben die Niederlande die internationale Untersuchung zum Absturz übernommen.

Die Ukraine und teilweise auch der Westen geben den Separatisten und Russland die Schuld. Ist auch eine Schuld der Ukraine denkbar?

Für die prorussischen Separatisten ist klar: Die Ukraine hat die Maschine abgeschossen und schiebt die Tat den Aufständischen in die Schuhe, um den Konflikt zu internationalisieren. Auf Kiewer Seite der Ukraine halten die meisten Menschen dies für eine Lüge. Skeptiker verweisen darauf, dass die Ukraine bisher keine Unterlagen zu ihrer zweifelsfreien Entlastung vorgelegt hat. Sie sehen Widersprüche in dem wenigen Material, das der Geheimdienst SBU veröffentlicht hat.

Welche Erkenntnisse sind von dem geborgenen Flugdatenschreiber und dem Stimmenrekorder sowie von Wrackteilen zu erwarten?

In der Blackbox soll der Funkverkehr im Cockpit gespeichert sein mit Aussagen etwa dazu, ob und warum die Maschine von ihrem Kurs abwich. Ob und von wem geschossen wurde, dürfte dort nicht zu hören sein. Experten betonen, dass bei einem Raketenbeschuss alles so schnell geht, dass der Funkverkehr einfach abbricht. Vom Wrack erhoffen sich die Spezialisten Aufschlüsse über Einschlagspuren von Raketenteilen. Russische Medien erinnern daran, dass den ukrainischen Streitkräften 2001 der Abschuss einer russischen Passagiermaschine mit einem Luftabwehrsystem S-200 rasch nachgewiesen werden konnte. Damals starben alle 78 Insassen an Bord.

Der Westen fordert von Kremlchef Wladimir Putin Einflussnahme auf die Separatisten. Kontrolliert Russland die Aufständischen?

Im russischen Machtapparat ist zu hören, dass Moskau nur auf einen Teil der Separatisten Einfluss habe. „Sonst wäre die Lage dort noch viel schlimmer“, heißt es im Kreml. In Erscheinung treten neben Geschäftsleuten aus Moskau auch Kosaken, russisch-orthodoxe Kräfte, Nationalisten und Kämpfer aus dem Konfliktgebiet Nordkaukasus. Die Separatisten selbst haben immer wieder erklärt, in ihrem Reihe gebe es neben Ukrainern auch viele Freiwillige aus Russland. Kremlchef Wladimir Putin sicherte nach dem Absturz der Passagiermaschine zu, soweit möglich auf die Aufständischen einzuwirken, damit sie die Ermittlungen zu der Tragödie unterstützen.

Die Ukraine hat eine Teilmobilmachung der Bevölkerung angeordnet - wie sieht dies in der Realität aus?

Einfache Ukrainer sollen zwangsweise in den Krieg gegen die Separatisten ziehen. Bei der Teilmobilmachung geht es um eine Masseneinberufung von Männern zwischen 18 und 25 Jahren, von Reservisten bis 35 Jahre und Offizieren bis 60 Jahre. Beobachter gehen davon aus, dass sich viele dem Dienst entziehen, indem sie sich durch Schmiergelder in Wehrdienststellen freikaufen. Viele wollen nicht ihre Landsleute töten. Der Erfolg ist fraglich. Schon jetzt klagen viele Soldaten über Mangel an Nahrung und Trinkwasser - ganz zu schweigen von der oft maroden Kampftechnik.

Welcher Ausweg aus dem Konflikt wäre denkbar?

Derzeit sieh es eher nach weiterer Eskalation aus. Die Ukraine setzt mit Rückendeckung der USA auf militärische Gewalt, um den Konflikt zu lösen. Russland und Teile der EU, darunter auch Deutschland, fordern einen Dialog der Konfliktseiten - Friedensgespräche, um bei einer Waffenruhe eine Lösung auszuhandeln. Dabei sei Russland Teil des Problems, aber auch Teil einer möglichen Lösung, heißt es im Westen. Moskau und Kiew sind tief zerstritten. Die Ukraine wirft Russland vor, ihren demokratischen Weg in die EU zu behindern. Russland fordert von der Ukraine auch, dass sie Gasschulden in Milliardenhöhe tilgt und der russischsprachigen Bevölkerung im Osten mehr Rechte gibt.