Präsidenten-Poker Wer zieht ins Schloss Bellevue?
Berlin (dpa) - Auch am Sonntag haben sich die Chefs der großen Koalition, Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) nicht auf einen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten einigen können.
Aber noch ist ein gemeinsamer Vorschlag für die Nachfolge von Joachim Gauck nicht ausgeschlossen. Diese Namen werden in Berlin für das höchste Staatsamt gehandelt:
FRANK-WALTER STEINMEIER (60): Der SPD-Außenminister ist populär und angesehen. Und er würde wohl auch am 12. Februar in der Bundesversammlung in eine Kampfkandidatur gehen. SPD-Chef Sigmar Gabriel ist mit dem Vorschlag vorgeprescht, doch die Union zieht wohl nicht mit. In einem dritten Wahlgang bräuchte Steinmeier dann die Unterstützung der Grünen und der Linkspartei.
NORBERT LAMMERT (67): Der geschätzte CDU-Bundestagspräsident will angeblich nicht, aber ganz eindeutig geäußert hat er sich nicht. Im ARD-„Bericht aus Berlin“ sagte er am Sonntag: „Ich habe, glaube ich, eine realistische Vorstellung sowohl von meinen Möglichkeiten wie von diesem Amt.“ Was heißt das nun genau? Für den Bundestag kandidiert der wortgewaltige Bochumer nicht mehr. Aber auch das bedeutet nicht viel. Merkel hat ihn angeblich mehrfach umworben. Ob er aber zu einer Kampfkandidatur gegen Steinmeier antritt, ist unwahrscheinlich.
ANDREAS VOSSKUHLE (52): Er wäre der ideale Konsenskandidat für Schwarz-Rot. Der auf SPD-Ticket nach Karlsruhe gekommene Präsident des Bundesverfassungsgerichts war schon 2012 Merkels Favorit. Damals lehnte er das schwarz-gelbe Angebot ab. Auch jetzt soll er Merkel abgesagt haben - am Wochenende hieß es aber, die Kanzlerin versuche, ihn umzustimmen. Aus der SPD war zu hören, er wolle aus privaten Gründen nicht und scheue es, ständig in der Öffentlichkeit zu stehen.
WOLFGANG SCHÄUBLE (73): Vor zwölf Jahren verhinderte Merkel den Aufstieg des Rivalen ins höchste Staatsamt. Schäuble macht den Eindruck, dass er sich als Finanzminister pudelwohl fühlt. Er will gestalten und genießt die Rolle des in der Unionsfraktion hofierten „Nebenkanzlers“. Und er ist nicht mehr der Jüngste.
URSULA VON DER LEYEN (58): Die Verteidigungsministerin und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende gilt als Allzweckwaffe. Über sie wird in Berlin gesagt, sie könne sich vorstellen, nach Merkel Kanzlerin zu werden. Lieber als Bundespräsidentin. Von der Leyen war bereits nach dem Rücktritt von Horst Köhler 2010 als erste Frau im Amt des Bundespräsidenten im Gespräch.
MONIKA GRÜTTERS (54): Die Kulturstaatsministerin hat Merkels Vertrauen, soll bald den Vorsitz der Hauptstadt-CDU übernehmen und dort aufräumen. Die Katholikin aus Münster kann es aber kaum mit Steinmeier aufnehmen.
WINFRIED KRETSCHMANN (68): Der Ministerpräsident aus Stuttgart bekam gerade Ärger von seinen Grünen, als er sich wieder als Fan der Kanzlerin outete („Ich wüsste niemand, der diesen Job besser machen könnte als sie.“). Würde Merkel ihn ins Schloss Bellevue schicken, wäre das aber wohl ein zu starkes Signal für eine schwarz-grüne Koalition im Bund.
ANNEGRET KRAMP-KARRENBAUER (54): Die saarländische CDU-Ministerpräsidentin gilt als modern, kann auch mit den Grünen. Aber im März 2017 wird im Saarland gewählt. Die Union braucht sie dort. Dennoch wird sie bei manchen in Berlin als heißer Tipp für die Gauck-Nachfolge genannt.
VOLKER BOUFFIER (64): Der hessische CDU-Regierungschef ist bei den Grünen wohl gelitten, schließlich führt er geräuschlos die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden. Will aber dem Vernehmen nach im Hessenland bleiben.
WOLFGANG HUBER (74): Der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende zählt seit Jahren zum Kandidatenkreis. Aber nach dem ehemaligen DDR-Pastor Gauck schon wieder ein evangelischer Geistlicher? Zusammenhalt und Versöhnung wären seine Themen.
KLAUS TÖPFER (78): Der frühere CDU-Umweltminister gilt als „grüner Schwarzer“ und seit vielen Jahren als respektabler Kandidat für höchste Ämter. Aber er ist älter als Bundespräsident Joachim Gauck - und der tritt aus Altersgründen nicht wieder an.