Wie Schwarz-Gelb die Altenpflege ändert
Berlin (dpa) - Vor zwei Jahren schon kündigte der damalige Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) ein politisches „Pflege-Jahr“ an. Nun tritt die von seinem Nachfolger Daniel Bahr (FDP) vorgelegte Pflegereform in Kraft.
Die wichtigsten Informationen zur Reform:
Treten alle Reformteile am 1. Januar in Kraft?
Nein. Bereits am Tag nach der Verkündung am 29. Oktober starteten Verbesserungen für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. Für Wohnformen zwischen ambulant und stationär gibt es je Bedürftigen 200 Euro zusätzlich. Für die Gründung einer Pflege-WG werden zeitlich befristet Umbauten mit 2500 Euro pro Person gefördert - maximal mit 10 000 Euro.
Was ist der Kern der Reform?
Menschen mit Demenz oder geistiger Behinderung, die von Angehörigen zu Hause betreut werden und in keiner Pflegestufe sind, können ab dem neuen Jahr außer den heute möglichen maximal 200 Euro für Betreuung nun Pflegegeld von 120 Euro oder Sachleistungen von bis zu 225 Euro bekommen. Pflegebedürftige in Stufe I erhalten ein um 70 Euro höheres Pflegegeld (305 Euro) oder um 215 Euro höhere Sachleistungen (bis zu 665 Euro). In Stufe II gibt es beim Pflegegeld 85 Euro mehr (525 Euro), bei Sachleistungen 150 Euro (bis 1250 Euro).
Wie wird das finanziert?
Der Beitragssatz steigt zum 1. Januar von 1,95 auf 2,05 Prozent, für Kinderlose auf 2,3 Prozent. Das bringt Mehreinnahmen von gut einer Milliarde Euro im Jahr.
Was ist der „Pflege-Bahr“?
Künftig wird der Abschluss privater Zusatzversicherungen für den Pflegefall steuerlich gefördert. „Das ist der Pflege-Bahr, den wir einführen“, sagte der damalige FDP-Generalsekretär Christian Lindner am 7. November 2011 und prägte damit den Begriff. Es gibt bei einem Mindestbeitrag von 10 Euro einen Zuschuss von 5 Euro. Die Zulage wird erstmalig Anfang 2014 rückwirkend für 2013 durch die Versicherungsunternehmen beantragt. Kritiker halten das Instrument für ungeeignet, gerade für Einkommensschwache.
Entlastet die Reform Betroffene spürbar von Heimkosten?
Zunächst nicht wesentlich. Ein Zehntel der Betroffenen muss von Beginn der Pflegebedürftigkeit bis zum Tod mehr als 99 000 Euro aus eigener Tasche zahlen. Durchschnittlich sind es laut Barmer-GEK-Pflegereport mit 37 000 Euro spürbar weniger, in den Spitzen mit mehr als 300 000 Euro weit mehr. Die Pflegeversicherung zahlt im Schnitt weniger als die Hälfte der Gesamtkosten.
Wie soll die Betreuung durch Pflegedienste verbessert werden?
Demenzkranke haben neben Grundpflege und Haushaltshilfe auch Anspruch auf Betreuungsleistungen. Pflegebedürftige und Angehörige können auch Zeitvolumen wählen und bestimmte Leistungen eines Pflegedienstes auswählen.
Wo ist der Hauptkritikpunkt von Verbänden und Opposition?
Dreieinhalb Jahre nach ersten Experten-Vorschlägen ist weiter unklar, wann es zur geplanten grundsätzlichen Neuausrichtung in der Pflege kommt. An einer neuen Eingruppierung von Altersverwirrten in die Pflegeversicherung arbeitet weiter ein Expertenrat. Laut Gesundheitsministerium soll er 2013 einen Bericht vorlegen. Einen Zeitplan für ein mögliches Gesetzesvorhaben nennt die Regierung nicht. Heute gehen Demenzkranke in der Pflegeversicherung oft leer aus. Eine neue Systematik soll sie besser in die Pflegeversicherung eingruppieren.