Hintergrund Worum es beim Nato-Gipfel eigentlich gehen soll

Brüssel (dpa) - Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Streit um Verteidigungsausgaben droht das dominierende Thema beim Nato-Gipfel in Brüssel zu werden.

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Für das Militärbündnis ist das bitter, weil es eigentlich um ganz andere Dinge gehen soll. Ein Überblick über das, von dem am Ende kaum die Rede sein könnte:

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Weil Russland wieder zunehmend als mögliche Bedrohung angesehen wird, rüsten die Nato-Staaten auf. Pläne sehen vor, die Reaktions- und Verteidigungsfähigkeit bestehender Streitkräfte bis 2020 deutlich zu erhöhen. So sollen je 30 Einheiten von Heer, Luftwaffe und Marine so trainiert und ausgerüstet werden, dass sie in einer Krisensituation innerhalb von 30 Tagen einsatzbereit wären. Insgesamt geht es um rund 30 000 Soldaten, mehr als 300 Flugzeuge und mindestens 30 Kriegsschiffe oder U-Boote. Zudem sollen in Ulm (Baden-Württemberg) und Norfolk (Virginia) neue Kommandos für schnelle Truppen- und Materialtransporte aufgebaut werden.

Bereits vor 2014 war damit begonnen worden, nach Ende des Kalten Krieges vernachlässigte Fähigkeiten wieder aufzubauen. So wurde unter anderem eine besonders schnell verlegbare Truppe aufgebaut, deren Bodenstreitkräfte derzeit aus 7600 Soldaten aus neun Nationen bestehen. Deutschland steuert davon mit rund 4700 Soldaten den größten Teil bei.

Noch eine Weile afghanische Sicherheitskräfte ausbilden und dann abziehen: Das waren 2014 - nach dem Ende des Kampfeinsatzes - die Pläne der Nato für Afghanistan. Wegen des Wiedererstarkens der Taliban und der Expansion der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war daran zuletzt aber nicht mehr zu denken, die Zahl der Nato-Soldaten vor Ort wurde zuletzt sogar wieder auf rund 16 000 aufgestockt. Nun geht es wieder einmal ums Geld. Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten wollen dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani versprechen, die afghanischen Streitkräfte auch über das Jahr 2020 hinaus finanziell zu unterstützen - das soll für Planungssicherheit und damit für mehr Stabilität in dem Krisenland sorgen. Deutschland ist schon jetzt einer der wichtigsten Geldgeber und auch an dem Afghanistan-Einsatz der Nato intensiv beteiligt. Derzeit ist die Bundeswehr mit mehr als 1100 Soldaten zweitgrößter Truppensteller.

Die Staats- und Regierungschefs wollen beim Gipfel offiziell grünes Licht für einen neuen Ausbildungseinsatz im Irak geben. Die aktuellen Planungen sehen vor, rund 550 Soldaten in das von jahrelangen Konflikten zerrüttete Land zu schicken. Sie sollen irakische Militärausbilder schulen und beim Aufbau von Militärschulen helfen und damit dazu beitragen, ein Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu verhindern.

Ob der Einsatz wirklich starten kann, hängt allerdings noch davon ab, wie sich die politische Lage im Irak entwickelt. Wegen eines Streits um die Stimmenauszählung bei den Wahlen im Mai befindet sich das Land derzeit in einem Machtvakuum. Die notwendige Einladung für den Einsatz hatte noch die alte Regierung ausgesprochen, die derzeit nur noch geschäftsführend im Amt ist.

Ebenfalls unklar ist, ob sich die Bundeswehr beteiligen würde. Deutschland leistet bereits seit längerem außerhalb des Nato-Rahmens Unterstützung im Kampf gegen den Terror im Irak. Bei allen Bemühungen geht es vor allem darum, ein Wiedererstarken der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in dem Land zu verhindern.

Der Westbalkan hat für die Nato wegen seiner Lage inmitten Europas große strategische Bedeutung. Nach Montenegro will die Allianz nun auch Mazedonien als neues Mitglied aufnehmen - auch wenn die Armee des Landes zuletzt gerade einmal rund 8000 aktive Soldaten zählte und damit keine echte Verstärkung für die Bündnisverteidigung darstellt. Auch Georgien und der Ukraine soll beim Gipfel Mut gemacht werden, für einen möglichen Nato-Beitritt notwendige Reformanstrengungen weiter voranzutreiben.

Wenn die Nato in Europa schnell Truppen in Richtung Osten verlegen will, ist sie darauf angewiesen, dass Soldaten und Material ohne großen bürokratischen Aufwand Ländergrenzen überqueren können. Zudem müssen Straßen, Schienennetze und Flughäfen militärischen Anforderungen entsprechen. Um Defizite in diesen Bereichen zu beseitigen, braucht die Nato die Unterstützung der EU. Deswegen soll die Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden.