Wulff entschuldigt sich: „Das war nicht geradlinig“

Berlin (dpa) - Nach zehn Tagen bricht der Bundespräsident sein Schweigen. Christian Wulff bedauert sein zögerliches Verhalten in der Kreditaffäre - und will im Amt bleiben. Sein langjähriger Sprecher hingegen geht.

Der Opposition reicht Wulffs Erklärung nicht aus.

Er wolle sein Amt weiter gewissenhaft fortführen, kündigte Wulff am Donnerstag in einer persönlichen Erklärung im Berliner Schloss Bellevue an. Dafür bitte er die Bürger um ihr Vertrauen. Zuvor war Wulffs Sprecher und langjähriger enger Vertrauter Olaf Glaeseker von seinen Aufgaben entbunden worden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich zurückhaltend zu der Erklärung Wulffs. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte der dpa: „Die Worte des Bundespräsidenten stehen für sich. Ihnen ist nichts hinzuzufügen.“ Der Opposition reicht Wulffs Erklärung nicht aus.

Wulff räumte ein, dass er als niedersächsischer Ministerpräsident den Kredit über 500 000 Euro, den er bei der Gattin eines befreundeten Unternehmers für sein Haus aufgenommen hatte, vor dem Landtag in Hannover hätte offenlegen sollen. „Das war nicht geradlinig und das tut mir leid. Ich sehe ein, nicht alles was juristisch rechtens ist, ist auch richtig.“

Weiter versicherte Wulff in seiner vierminütigen Erklärung, private Freundschaften hätten seine Amtsführung nicht beeinflusst: „Dafür stehe ich.“ Zu keinem Zeitpunkt habe er in einem seiner öffentlichen Ämter jemandem „einen unberechtigten Vorteil gewährt“. Er bedauere deshalb entstandene Irritationen.

Wulff sagte, er habe über 250 Einzelfragen zu den Vorwürfen beantwortet und auch seine Ferienaufenthalte bei Freunden offengelegt. Auch für Amtsträger sei Transparenz im Grenzbereich zwischen Dienstlichem und Privatem erforderlich.

Der 52-Jährige bedauerte, dass er Glaeseker entlassen musste. Gründe dafür nannte er aber nicht. Glaeseker bat dem Vernehmen nach selbst um seine Ablösung. Aus dem Umfeld des Präsidialamtes verlautete, inzwischen sei auch das Privatleben Glaesekers ins Visier genommen worden. Auch zum Schutz seiner Familie sei er nicht bereit gewesen, das hinzunehmen. Seine Aufgaben soll ab sofort die bisherige Stellvertreterin Petra Diroll kommissarisch übernehmen.

Wulff sieht sich seit über einer Woche mit Kritik wegen eines Hausdarlehens und zu enger Kontakte zu reichen Unternehmern konfrontiert. Am Donnerstag erhob das Magazin „Der Spiegel“ weitere Vorwürfe. Danach bekam Wulff das Anschluss-Darlehen für sein Eigenheim von 500 000 Euro bei der BW-Bank zu auffallend günstigen Konditionen.

Wulff habe - nach der Ablösung des Kredits beim Unternehmerpaar Geerkens - bei der BW-Bank keinen normalen Immobilienkredit erhalten, sondern ein komplexes Finanzkonstrukt. Wulffs Rechtsanwälte nannten diese Darstellungen „unvollständig und falsch“.

Nach mehreren Strafanzeigen muss Wulff keine Ermittlungen befürchten. Die Beziehungen zu den befreundeten Unternehmern und die von ihnen gewährten Vergünstigungen ließen „das Geschehen insgesamt als plausibel und strafprozessual unverdächtig erscheinen“, teilte die Staatsanwaltschaft Hannover mit. In den vergangenen Tagen waren bei der Staatsanwaltschaft neun Anzeigen wegen des Vorwurfs der Korruption eingegangen.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte: „Die persönliche Erklärung von Bundespräsident Christian Wulff war längst überfällig.“ Nun bleibe die weitere politische Aufarbeitung abzuwarten, zum Beispiel im niedersächsischen Landtag. SPD-Vizefraktionschef Hubertus Heil sagte, die Trennung von seinem Sprecher sei kein Ersatz für die Aufklärung in der Sache. Es müsse geklärt werden, ob Wulff seinerzeit gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen habe. „Nur wenn das gelingt, kann der Bundespräsident sein Amt so unbefangen ausüben, wie es notwendig ist.“

Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte die Entschuldigung Wulffs als unzureichend. „Christian Wulff hat eingeräumt, was bekannt war“, sagte sie. „Es bleibt das fade Gefühl des Ungewissen und eines 'Systems Hannover'.“ Der Maßstab, um der Würde des Amtes gerecht zu werden, sei eine umfassende Erklärung zu dem, was war. „Diesem Maßstab ist er nicht gerecht geworden.“

Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler sagte, Wulff verdiene Respekt für seine Erklärung, die wesentliche Klarstellungen zu den erhobenen Vorwürfen enthalte. „Es ist gut, dass Christian Wulff noch vor Weihnachten dem Bedürfnis nachgekommen ist, selbst für ein offenes Wort zu sorgen“, betonte der Vizekanzler.

Transparency International hatte Wulff aufgefordert, noch vor seiner Weihnachtsansprache mit einer öffentlichen Erklärung reinen Tisch zu machen. Dies wäre „peinlich hoch drei“, solange die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Raum stünden, sagte die Vorsitzende der Antikorruptions-Organisation, Edda Müller, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag).