Bundespräsident Steinmeier enthüllt die Büste seines Vorgängers Christian Wulff
Berlin. Es ist ein wenig wie nach Hause kommen für die Wulffs. Die Jungs Leander (14) und Linus (9) sind nach dem Rücktritt des Vaters 2012 erstmals wieder im Schloss Bellevue. Bei ihnen werden Erinnerungen wach, zum Beispiel an den Besuch von Basketballer Dirk Nowitzki, der wegen seiner Größe kaum durch die Schlosstüren gepasst hat.
Christian Wulff, Bundespräsident a.D., schaut im Büro des Amtsinhabers vorbei, sogar in der Küche sagt er guten Tag. Und dann steht Wulff Wulff gegenüber - in Bronze und schmunzelnd.
Die Fröhlichkeit gehöre ja zu ihm, erzählt der Ex-Präsident in kleiner Runde. Dass die Büste ihn lächelnd zeige, habe er so gewollt. Der zehnte Bundespräsident, der mit nur 20 Monaten so kurz wie kein anderer in Bellevue residierte, führt künftig ein Nischendasein. Jedes ehemalige Staatsoberhaupt wird von einem Bildhauer modelliert, das Ergebnis wird dann in einer Aushöhlung im Bundespräsidialamt ausgestellt - jedem seine Nische; es ist die Ahnengalerie.
Die Arbeiten für die Büste zogen sich über Monate hin. Zweimal, erzählt der Niedersachse, habe er dem Künstler Bertrand Freiesleben mehrere Stunden Modell gesessen. Zuletzt auf der Terrasse seines Hauses in Großburgwedel, während die Kinder, so berichtet es Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier, im Garten Fußball gespielt hätten. Steinmeiers Konterfei wird irgendwann nach dem Ausscheiden aus dem Amt auch in Bronze gegossen werden. Joachim Gauck, Steinmeiers Vorgänger und Wulffs Nachfolger, will sich weiter Zeit lassen. Dem Vernehmen nach möchte er sich damit noch nicht „befassen“.
Die Präsidentschaft von Christian Wulff gehört zu den Unrühmlichsten in der Geschichte des Landes. Vorteilsnahme wurde ihm seinerzeit vorgeworfen, über Monate standen die Wulffs unter Dauerfeuer der Medien, sie machten viele Fehler. Bis der heute 58-Jährige entnervt das präsidiale Handtuch warf. Ehefrau Bettina ist schon lange wieder an seiner Seite, nachdem sich die beiden in der Folge des Rücktritts zunächst gestritten und dann vorübergehend getrennt hatten. Heute wirkt das Paar wieder entspannt, souverän, auch wenn Wulff zugibt, dass ihn die Ereignisse von damals manchmal noch einholen.
Sehr freundlich und mit viel Applaus wird er von den Mitarbeitern des Präsidialamtes empfangen. Steinmeier findet lobende Worte über den Mann, der sich einst als Präsident der „bunten Republik Deutschland“ sah. Wulff habe „Integration und gesellschaftliches Miteinander“ in den Mittelpunkt seiner Präsidentschaft gestellt; er habe schon lange vor der großen Fluchtbewegung für Offenheit und respektvolles Zusammenleben geworben. Erstmals hätten Muslime gesagt: „Das ist auch unser Bundespräsident.“
Wulff ist seinem damaligen präsidialen Thema dann auch treu geblieben, er engagiert sich unter anderem bei der „Deutschlandstiftung Integration“. Während der kleinen Feier spielt die Berliner „Begegnungsband“ aus Deutschen und Flüchtlingen Mozarts „Kleine Nachtmusik“, verfeinert mit orientalischen Klängen. Ehefrau Bettina wird am kommenden Sonntag in Berlin im „Begegnungschor“ mitsingen. Wulff sagt, er schaue „sehr dankbar“ auf seine kurze Amtszeit zurück. Dass man schnell vom „Messias zum Gekreuzigten“ werden könne, habe man in den letzten Monaten wieder erlebt — eine Anspielung auf SPD-Mann Martin Schulz. Die Büste mache ihm jedenfalls „schon Freude“, ergänzt Wulff. Sohn Linus sagt einfach nur, sie sei „gut“. Das muss reichen.