Zyperns Polizei holt Bootsflüchtlinge von Kreuzfahrtschiff

Nikosia (dpa) - Unter Androhung von Gewalt hat die zyprische Polizei Hunderte Flüchtlinge aus Syrien dazu gezwungen, das Kreuzfahrtschiff „Salamis Filoxenia“ im Hafen von Limassol zu verlassen. Die meisten hatten sich geweigert, an Land zu gehen, und gefordert, nach Italien gebracht zu werden.

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Nach mehrstündigen ergebnislosen Verhandlungen mit den Behörden griff schließlich die Bereitschaftspolizei ein. „Gegen fünf Uhr morgens wurden die Lichter an Bord des Schiffes ausgeschaltet. Dann ging die Polizei rein“, sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur dpa. Die Migranten kamen wenig später sichtlich aufgeregt heraus.

Die Flüchtlinge waren am Vortag rund 50 Seemeilen südwestlich von Zypern bei starkem Seegang an Bord des zyprischen Kreuzfahrtschiffes genommen worden. Zuvor hatten sie ein Notsignal gesendet. Ein Team des zyprischen Fernsehens, das sich an Bord der „Salamis Filoxenia“ befand, drehte die dramatische Rettung.

Durch eine Luke im unteren Deck wurden die Menschen vom Kutter auf den Kreuzfahrtriesen geholt. Der morsche Kahn wurde dabei von meterhohen Wellen hoch- und dann wieder runtergehoben. „Zuerst die Kinder“, schrien die Seeleute. Mütter trugen Säuglinge auf dem Arm.

„Es ist dramatisch, eine solche Rettung selbst zu erleben“, sagte ein Kameramann. Er sei erschüttert gewesen. Ein Bild der Hoffnung habe ein kleiner Junge abgegeben, der - einen kleinen Ball fest den Händen - ihn nach der Rettung angelächelt habe.

Einige Flüchtlinge sagten, sie seien vor drei Tagen aus der syrischen Hafenstadt Latakia gestartet. Eine Reiseagentur habe den Kontakt zu den Schleusern organisiert. „Wir sind aus Syrien geflüchtet. Das Leben dort ist unerträglich“, sagte eine 15-jährige im zyprischen Fernsehen.

Die meisten Flüchtlinge trugen relativ neue und gute Kleidung und sprachen „eigentlich gutes Englisch“, sagte ein Beamter der Hafenbehörde von Limassol der Nachrichtenagentur dpa. Es gab aber auch sichtlich ärmere Leute an Bord - unter ihnen viele Familien und mehr als 50 Kinder.

„Wir haben Druck, aber keine Gewalt angewendet“, erklärte der zyprische Justizminister, Ionas Nikolaou, im Radio. Zypern werde die Rechte der Migranten respektieren und jeden Asylantrag einzeln prüfen. Die Regierung Zyperns lehnte einen Weitertransport der Menschen nach Italien ab, da die EU-Gesetze dies nicht erlauben.

Die Migranten wurden am Freitag in ein Flüchtlingslager westlich der Inselhauptstadt Nikosia gebracht. Zwei Kinder und eine Frau kamen ins Krankenhaus. Einige Menschen wirkten verstört, äußerten Angst, nach Syrien zurückgeschickt zu werden. Einen Mann habe die Polizei davon abhalten können, sich etwas anzutun, berichtete das Staatsfernsehen.

Verärgert hatte ein Sprecher des Kreuzfahrtunternehmens auf die Weigerung der Migranten reagiert, an Land zu gehen. „Wir haben sie gerettet, gefüttert und jetzt wollen sie das Schiff nicht verlassen. Wir werden ruiniert“, sagte er in der Nacht im Rundfunk. Durch den Ausfall des Kreuzfahrtschiffes habe sein Unternehmen Hunderttausende Euro verloren.

Flüchtlinge sagten den Behörden, sie hätten pro Kopf 8000 US-Dollar (6275 Euro) Euro an eine Schleuserbande gezahlt, die sie aus Syrien nach Italien bringen sollte. Der Kapitän und die Besatzung hätten aber am Donnerstag heimlich den Kutter verlassen und die Menschen ihrem Schicksal überlassen, sagte eine junge Syrerin.

Die Polizei vermutet dagegen, dass die Schleuser den Kutter nicht verlassen, sich stattdessen unter die Migranten gemischt haben. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Polizeikreisen erfuhr, werden einige Flüchtlinge verhört. Die Behörden wollten sicher gehen, dass keine gefährlichen Personen auf diese Weise von Syrien nach Europa kommen.

Im Mittelmeer sind in den vergangenen Monaten Tausende Migranten ums Leben gekommen. Die Behörden in Zypern, Griechenland und Italien rechnen dennoch damit, dass der Ansturm der Flüchtlinge unvermindert weitergeht. Allein entlang der türkischen Ägäisküste warten nach Einschätzung des griechischen Ministers für Handelsschifffahrt mehr als 100 000 Menschen aus dem Nahen Osten auf eine Gelegenheit, nach Griechenland zu gelangen.